Horst Seehofer nimmt das Grummeln an der CSU-Basis wahr, verweist Kritiker aber auf den Parteitag.

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Die Großen und Wichtigen in der CSU, also jene, die gleich hinter dem Parteichef und bayerischen Ministerpräsidenten kommen – sie alle stehen zu Horst Seehofer. Noch. Kein böses Wort ist derweil vom bayerischen Finanzminister Markus Söder oder von Innenminister Joachim Herrmann zu hören.

Aber an der Basis grummelt es unüberhörbar. Seit Seehofer am Sonntag einräumen musste, dass die CSU mehr als zehn Punkte bei der Wahl verloren hatte, gab es bereits einige Rücktrittsforderungen. So schreibt der Chef des CSU-Kreisverbands Nürnberg-West, Jochen Kohler, auf seiner Facebook-Seite: "Die personellen Weichen müssen an der Parteispitze neu gestellt werden. Wenn nicht jetzt ein Neuanfang kommt – wann dann?"

Er kritisiert, die CSU habe "auch aufgrund der Wankelmütigkeit unseres Parteivorsitzenden" am Sonntag "eine deftige Klatsche" bekommen. Auch Thomas Zehmeister, Chef des Ortsverbands Großhabersdorf, Mittelfranken, fordert Seehofer auf, "mit sofortiger Wirkung sein Amt als CSU-Parteivorsitzender niederzulegen um den Weg für einen personellen Neuanfang freizumachen".

Termin im Kanzleramt

"Ich glaube, wir brauchen einen anderen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete Alexander König und macht auch gleich einen Vorschlag. Er hält Söder für den "geeigneten Kandidaten".

Dem werden zwar große Ambitionen nachgesagt, aber Seehofer will die Landtagswahl im Herbst 2018 noch selbst bestreiten. Allerdings überhört auch er die Unruhe an der Basis nicht. Am Dienstag ließ er Bayern zunächst hinter sich, um nach Berlin zu fliegen.

Dort konstituierte sich die Unionsfraktion, außerdem kam die CSU-Landesgruppe zu ihrem ersten Treffen zusammen. Und Seehofer hatte einen Termin mit Kanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt. Als er später auf die Rücktrittsforderungen angesprochen wird, erklärt er: "Ich sehe, dass nach dieser Wahl nicht nur in der CSU Fragen gestellt werden."

Das sei "demokratische Normalität". Aber, so Seehofer ganz ruhig: "Es geht um den richtigen Stil und den richtigen Platz." Und der sei im November am CSU-Parteitag, dort könne man Debatten führen. "Alles andere ist nicht hilfreich." Das wolle er auch am Mittwoch allen in der Landtagsfraktion in München klarmachen.

Strikte Stabilität beim Euro

Jetzt will Seehofer erst einmal ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP zustande bringen. Diesbezüglich habe er eine "große Zuversicht im Herzen" und einen Fahrplan im Kopf: "Wir werden mit der CDU einige Dinge klären und dann mit möglichen Partnern abklären, was möglich ist."

Natürlich wird es dabei wieder um die leidige Frage der Obergrenze bei Flüchtlingen gehen – die Vorstellung der CSU liegt ja bei 200.000 Menschen pro Jahr. Doch Merkel, die dies ablehnt, hat nach der Wahl schon angekündigt, sie sehe nicht, was sie ändern solle.

Aber auch die CSU bleibt bei ihren Vorstellungen. Er könne sich nicht vorstellen, dass die CSU einen Koalitionsvertrag ohne Obergrenze unterschreibe, sagt Söder. Innenminister Herrmann meint auch, man sei "nicht bereit", auf eine Begrenzung zu verzichten. "Es geht nicht nur um die Obergrenze, sondern auch um ein in sich geschlossenes Regelwerk" in der Asylpolitik nennt er gleich noch weitere rote Linien für die Verhandlungen: "Beim Euro gilt der Grundsatz strikte Stabilität." Und den Schengenraum könne man derzeit nicht erweitern, da die Außengrenze nicht sicher sei.

Dobrindt führt Landesgruppe

Doch Seehofer ist zuversichtlich, dass er mit Merkel auf einen grünen Zweig kommen werde. Gefragt, wie das Verhältnis zu ihr nun sei, antwortet er: "Es ist unverändert gut." Allerdings werde er bei Koalitionsgesprächen "keine schrägen Kompromisse machen". Das sagt er aber mehr Richtung Grüne, die er auch gleich noch daran erinnert: "Wir sind ein Agrarland und ein Autoland."

Die CSU-Landesgruppe wird künftig von Alexander Dobrindt geführt, der, bis die neue Regierung steht, auch Verkehrsminister bleibt. Den neuen Stil der Landesgruppe beschreibt Dobrindt so: "Klar, direkt, konservativ."

Im Jamaika-Verhandlungsteam der Grünen werden unter anderem Exfraktionschef Jürgen Trittin und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann vertreten sein. Nach einer Infratest-Dimap-Blitzumfrage für die ARD sind mittlerweile 57 Prozent der Deutschen einer Jamaika-Koalition gegenüber positiv eingestellt. (Birgit Baumann aus Berlin, 27.9.2017)