Emmanuel Macron ist nicht der erste Regierungschef, der für eine deutliche Vertiefung der Eurozone plädiert. Im Sommer hat bereits der konservative spanische Premier Mariano Rajoy ein eigenes Budget für die Eurozone und einen eigenen Finanzminister gefordert. Rajoy sprach sich damals auch für die Ausgabe gemeinsamer europäischer Staatsanleihen, sogenannter Eurobonds, aus. Auch die italienische Regierung plädiert immer wieder für eine Vertiefung der Union.

Was aber soll ein eigenes Budget für den Währungsraum bringen? Brüsseler Diplomaten erzählen, dass damit zwei Funktionen erfüllt werden sollen. Zum einen könnten aus dem Budget Investitionsprojekte finanziert werden. Es gibt bereits zahlreiche solche Mechanismen in der Union. Dabei borgt sich ein Land Geld, die Schulden steigen also. Ein gemeinsames Budget würde bedeuten, dass zum Beispiel Infrastrukturprojekte in Italien und Spanien finanziert werden können, ohne dass die Schulden steigen.

Angst vor Belastungen

Als gewichtiger gilt aber die zweite Funktion des Budgets: Die gemeinsamen Finanzmittel sollen nämlich auch eingesetzt werden, um wirtschaftliche Schocks abfedern zu können. Bricht in einigen Ländern eine Krise aus, könnte aus dem Eurotopf Geld fließen.

Doch das ist hochumstritten. Zunächst einmal, weil viel Geld notwendig wäre. EU-Diplomaten schätzen auf Basis von Berechnungen, dass gut ein Prozent der Wirtschaftsleistung des Euroraumes, die sich auf über elf Billionen Euro beläuft, aufgewendet werden müsste. Österreich gehört gemeinsam mit Deutschland, Finnland, den Niederlanden und Estland zu jener Gruppe von Ländern, die fürchten, dass ein gemeinsamer Eurotopf ihren Haushalt stärker finanziell belasten würde. Daher lehnen sie die Idee ab.

Hinzu kommen grundlegendere Fragen: Schon heute werden die Vorgaben aus Brüssel, was Verschuldung und Defizite betrifft, von vielen Staaten nicht eingehalten. In Wien und Berlin fürchtet man, dass ein gemeinsames Budget in der Eurozone Ländern mit hohen Schulden dazu dienen könnte, an eine alternative Finanzquelle ohne harte Auflagen heranzukommen.

Demgegenüber argumentiert man in Paris, Rom und Madrid, dass die Krise klar gezeigt hat, dass es ohne einen Ausgleichsmechanismus in der Eurozone nicht wird gehen können.

Abgabe von Souveränität

Die EU-Kommission hat bereits im Mai ein Papier vorgelegt, in dem sie einige der ihrer Meinung nach existierenden Schwachstellen im Währungsgebiet angesprochen hat. Auch in dem Papier wird ein gemeinsamer Haushalt als langfristiges Ziel erwähnt.

"Die Nationalstaaten müssen klären, ob sie bereit sind, Souveränität abzugeben", sagt der Ökonom Guntram Wolff vom Brüsseler Thinktank Bruegel. Der erste qualitativ wirklich große Sprung in der EU war es, die Geldpolitik der Euroländer auf die Europäische Zentralbank (EZB) zu übertragen. Nun bei der Fiskalpolitik das Gleiche zu tun wäre ähnlich gewagt. Wolff sieht allerdings keine bis wenig Bereitschaft in der Eurozone mitzuziehen, auch in Italien und Spanien würde man sich dagegen wehren, dass die nationalen Parlamente und Regierungen echte Budgetkompetenz abgeben.

Ein anderes Thema, das die EU-Kommission in ihrem Papier anspricht, ist, dass die Entscheidungsstrukturen in der Eurozone derzeit als zu komplex gelten (siehe Grafik). Zudem verfüge die Eurozone über keinen Vertreter, der sie bei öffentlichen Debatten repräsentiert. Daher schlägt man einen Euro-Finanzminister vor. Die Forderung erhebt auch Macron. (András Szigetvari, 26.9.2017)