Andrea Nahles übernimmt den Fraktionsvorsitz, die SPD probiert den Neustart.

Foto: AFP_Tobias SCHWARZ

Berlin – Die neue SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat der Union mit derben Worten den Kampf angesagt. Auf die Frage, wie sich am Mittwoch ihre letzte Kabinettssitzung in der großen Koalition angefühlt habe, antwortete die bisherige Arbeitsministerin: "Ein bisschen wehmütig – und ab morgen kriegen sie in die Fresse." Die für ihre bisweilen saloppe Sprache bekannte SPD-Politikerin ließ ein lautes Lachen folgen.

Nahles bekräftigte, dass die SPD für keine neue große Koalition zur Verfügung stehe und in die Opposition gehen werde. "Wir haben dazu alles gesagt", machte sie nach ihrer Wahl zur Fraktionschefin vor Journalisten deutlich. Nahles wünschte Union, FDP und Grünen "viel Vergnügen auf der Reise" in der Jamaika-Koalition. Bei einem solchen Bündnis wäre Nahles dann als Oppositionsführerin die zentrale Gegenspielerin von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag.

Eine Annäherung zwischen Sozialdemokraten und Linkspartei, die ebenfalls auf der Oppositionsbank sitzt, hält die SPD-Fraktionschefin derzeit für wenig wahrscheinlich. "Ich sehe momentan keine Signale, die mich ermutigen würden, dass es da jetzt eine große Annäherung geben würde", sagte sie. "Wir werden sehen, ob die Linkspartei sich bewegt und die SPD nicht mehr als ihren Hauptgegner identifiziert."

Schulz bleibt Parteichef

Die 47-Jährige erhielt am Mittwoch in der Fraktion 137 von 152 abgegebenen Stimmen. 14 Abgeordnete stimmten gegen Nahles, es gab eine Enthaltung, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Das entspricht einer Zustimmung von rund 90 Prozent.

Mit Nahles an der Spitze will sich die SPD im Bundestag von ihrer historischen Wahlniederlage erholen. Sie hatte am Sonntag mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Bundestagswahlergebnis aller Zeiten erzielt. Die Fraktion schrumpfte von 193 auf 153 Abgeordnete.

Die 1970 in Rheinland-Pfalz geborene Nahles ist seit Jahrzehnten in der SPD und wird dem linken Parteiflügel zugeordnet. Von 1995 bis 1999 war sie Bundesvorsitzende der Jungsozialisten, von 2009 bis 2013 SPD-Generalsekretärin. Während ihrer vier Jahre als Arbeits- und Sozialministerin in der großen Koalition wurden in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn und die Rente mit 63 für langjährig Beschäftigte eingeführt.

Der gescheiterte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bleibt Parteichef. Die SPD will sich nach der Bundestagswahl an keiner Regierung mehr beteiligen und in die Opposition gehen. (APA, dpa, 27.9.2017)