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Seit der Liberalisierung der Strommärkte in Europa hat sich elektrische Energie deutlich verbilligt. Das könnte sich nun ändern.

Foto: dpa / Patrick Pleul

Die Einführung von Grenzkontrollen bei Handel und Transport von Strom zwischen Deutschland und Österreich ab 1. Oktober nächsten Jahres zeigt bereits Wirkung. Und diese ist nachteilig für Österreich. Die Notierungen an der österreichischen Strombörse, die sich bisher nahezu im Gleichklang mit den deutschen bewegten, liegen für Lieferungen ab Oktober 2018 bereits um knapp 2,50 Euro je Megawattstunde (MWh) darüber.

Damit konkretisiert sich die Befürchtung, dass bei einer Auftrennung der seit 2002 bestehenden gemeinsamen Strompreiszone mit Deutschland (und Luxemburg) das Preisniveau in Österreich steigen wird. Ein kleinerer Markt, weniger Liquidität – das sorge für eine Auseinanderentwicklung der Strompreise, sagten diverse Experten vorher. Erste Anzeichen für eine Auseinanderentwicklung gab es bereits im Sommer, seither hat sich der Trend verstärkt.

Künstlicher Stromengpass als "Sündenfall"

Für Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber handelt es sich bei der von Deutschland forcierten Errichtung eines künstlichen Stromengpasses an der Grenze zu Österreich um einen "Sündenfall". Statt eines gemeinsamen Strommarktes, wie es im Übrigen auch das Ziel der Energieunion ist, würden damit latente Tendenzen zur Renationalisierung in Europa verstärkt, sagte Anzengruber am Mittwoch bei einem Energiekongress in Fuschl. Man versuche bis zuletzt, die Auftrennung der gemeinsamen Strompreiszone zu verhindern, etwa durch eine bessere Koordination und ein gemeinsames Engpassmanagement mit Deutschland. In der Branche ist man allerdings skeptisch, dass die drohende Bewirtschaftung der grenzüberschreitenden Stromtransporte noch zu verhindern ist.

Wie hoch die Kosten im Fall einer Abkopplung Österreichs vom großen deutschen Strommarkt hierzulande tatsächlich sein werden, muss sich weisen. Die Regulierungsbehörden beider Länder haben sich im Sommer darauf verständigt, dass bei den langfristigen Kapazitäten ab Oktober 2018 maximal 4900 Megawatt Leistung grenzüberschreitend vergeben werden können. Das entspricht etwa der Hälfte des österreichischen Verbrauchs in Spitzenzeiten. "Ob das hält, muss sich erst zeigen", sagte Anzengruber.

Polen und Tschechien als Urheber der Initiative

Urheber der Initiative zur Errichtung eines künstlichen Stromengpasses waren Polen und Tschechien, deren Stromleitungen regelmäßig zu glühen begonnen haben, wenn Strom von Windparks im Norden Deutschlands auf dem Weg in die Verbrauchszentren Süddeutschlands einen Umweg über ihr Territorium machten. Grund dafür sind fehlende Leitungskapazitäten in der Mitte Deutschland. Wenn schon, dann gehöre die Stelle, an der Kapazitäten an den Meistbietenden versteigert werden, dorthin, sagte Anzengruber.

Wolfgang Hesoun, Vorstandsvorsitzender von Siemens Österreich, wies auf die Notwendigkeit günstiger Strompreise speziell für Unternehmen hin, die im internationalen Wettbewerb stehen. Bei Speichertechnologien, dem Schlüssel schlechthin für das Gelingen des Übergangs von fossilen zu überwiegend regenerativen Energien, sieht Hesoun asiatische Länder voran, nicht zuletzt wegen der zum Teil katastrophalen Umweltsituation dort.

Wirtschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) appellierte an die Stromwirtschaft, radikal neu zu denken. Österreichs Energiewirtschaft befinde sich unter den besten zehn in Europa. "Ich wünsche mir, dass wir unter die top drei kommen", sagte Mahrer. Dazu müssten die Chancen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, genutzt und es müsste stärker kooperiert werden. (Günther Strobl aus Fuschl, 27.9.2017)