Mehrere Gruppen von Astronomen haben sich auf die Suche nach Planet neun gemacht. Ob er tatsächlich existiert, ist allerdings noch nicht bewiesen.
Illu.: nasa/jpl-caltech

Santa Cruz – Seit die beiden US-Astronomen Chad Trujillo und Scott Sheppard 2014 bei einigen Asteroiden im fernen Kuipergürtel ungewöhnliche Umlaufbahnen festgestellt haben, mehren sich die Hinweise, dass am Rande unseres Sonnensystems ein bisher unentdeckter Riesenplanet seine Kreise zieht. Erspäht wurde "Planet Neun" freilich noch nicht – aber das könnte sich womöglich bald ändern.

Als Trujillo und Sheppard ihre Beobachtungen publik machten und den Verdacht äußerten, ein großer planetarer Körper würde die Bahnen der Kuipergürtelobjekte beeinflussen und sie gleichsam wie Schafe zusammentreiben, machten sich ihre Kollegen Konstantin Batygin und Michael E. Brown vom California Institute of Technology (Caltech) daran, ihre These zu widerlegen. Das wollte ihnen nicht gelingen – im Gegenteil: Mehr und mehr Indizien wiesen sogar auf einen Planeten von enormer Größe hin.

Die Orbits einiger Kuipergürtelobjekte weisen alle in eine bestimmte Richtung – wie von einem unsichtbaren Hirten zusammengetriebene Schafe. Der englische Fachausdruck für dieses Phänomen lautet daher auch "to shepherd". Für die Astronomen Konstantin Batygin und Michael E. Brown fungiert hier ein großer Planet als "Hirte".
Illustr.: caltech/r. hurt (ipac)

Von bis zu zehnfacher Erdmasse

In den vergangenen drei Jahren zogen zahlreiche Astronomen ihre Schlüsse aus den verfügbaren Daten und zeichneten ein bereits recht konkretes Bild von dem fernen Begleiter: So soll Planet Neun vier- bis zehnmal so viel Masse besitzen wie die Erde. Für eine Runde auf seiner langgestreckten Umlaufbahn benötigt er 10.000 bis 20.000 Jahre, nähert sich der Sonne aber nur bis auf rund 1.000 Astronomische Einheiten.

Aber nicht alle Astronomen teilen diesen Enthusiasmus. Ein Team um Cory Shankman von der University of Victoria in British Columbia etwa widerspricht zwar nicht den bisherigen Daten, hält aber andere Ursachen für die gerichteten Orbits der Kuipergürtelobjekte für wahrscheinlicher.

Seiner im "Astronomical Journal" im vergangenen Juni präsentierten Argumentation zufolge, seien die transneptunischen Objekte von Batygin und Brown nicht repräsentativ. Die Forscher belegen dies auch mit zahlreichen aktuellen Beobachtungsdaten. Es sei demnach durchaus denkbar, dass man Himmelskörper mit Umlaufbahnen, die der Existenz des Phantom-Planeten widersprechen würden, bisher einfach noch nicht entdeckt hat.

Video: Michael Brown vom California Institute of Technology erklärt, was man bisher über Planet Neun zu wissen glaubt.
Mike Brown

Kritik und Verteidigung

Die Reaktion der Pro-Planet-Neun-Fraktion auf Shankmans Studie ließ nicht lange auf sich warten. Auch Michael Brown verteidigte in "Science" seine These mit dem Hinweis, dass ihre Analysen keinesfalls vergleichbare systematische Fehler aufwiesen wie die OSSOS-Suchkampagne, auf die sich Shankman bezog.

Für jene Wissenschafter, für die die Existenz von Planet Neun weitgehend außer Zweifel steht, geht es künftig vor allem um die Frage "Wo ist er?" Darauf haben Brown und Batygin mittlerweile eine ungefähre Antwort: Berechnungen auf Basis der Orbits zahlreicher transneptunischer Objekte ergaben, dass sich Planet Neun derzeit eher beim sonnenfernsten Punkt seiner Bahn um die Sonne befindet.

Zahlreiche Gruppen suchen

Die Wissenschafter konnten diesen Bereich auf ein Areal nahe beim Sternbild Orion eingrenzen, ein Himmelsausschnitt, der immer noch 400 Quadratgrad groß ist. Davon lassen sich Brown und Batygin aber nicht beirren: Dieser Tage haben sie mit dem Subaru Telescope auf Hawaii mit der gezielten Suche nach der Nadel im Heuhaufen begonnen. Und sie sind dabei nicht alleine: Insgesamt halten derzeit bis zu zehn unabhängige Gruppen nach Planet Neun Ausschau.

Brown gibt sich in einem ausführlichen Blogeintrag zuversichtlich, dass neue Daten und verfeinerte Simulationen künftig den Suchbereich weiter eingrenzen werden. Es könnte sich womöglich nur um Wochen handeln, bis Planet Neun erstmals erspäht wird – vorausgesetzt, er existiert tatsächlich. (tberg, 1.10.2017)