Am Anfang waren auch Käseigel und russische Eier. Was die AUA Mittwochabend kredenzte, stand in den Anfangsjahren auch auf dem Speiseplan der Fluggäste. Zum 60. Geburtstag der Airline lud Robert Zadrazil, Chef der Unicredit-Tochter Bank Austria, als Hausherr in das Gebäude am Wiener Schottenring. Aus gutem Grund: Vor knapp 60 Jahren wurde in einem der Sitzungssäle der damaligen Creditanstalt die AUA gegründet.

Im Bild: AUA-Chef Kay Kratky mit einigen seiner Vorgänger.

Foto: Regine Hendrich

Eine leichte Geburt war das nicht, wie Peter Baumgartner, (links neben AUA-Chef Kratky), Autor des zum Jubiläum erschienenen Buchs "Ein Lächeln fliegt um die Welt. Zeitreise durch die Geschichte von Austrian Airlines" launig referiert.

Erst mit Abschluss des Staatsvertrags hatte Österreich seine Lufthoheit und -freiheit wieder. Doch damit begann es erst richtig kompliziert zu werden. Denn die politischen Machtverhältnisse sorgten für einen reichlich skurrilen Verlauf der Gründungsphase. Sowohl die rote als auch die schwarze Reichshälfte arbeiteten parallel an der Gründung einer österreichischen Luftfahrtgesellschaft.

Foto: Regine Hendrich

Während das sozialistisch geführte Verkehrsministerium für eine Staatsairline plädierte, bemühten sich die ÖVP-nahen Regierungsmitglieder um eine private Gesellschaft. Die Kontrahenten standen einander so feindselig gegenüber, dass kurz vor Weihnachten 1955 beide Lager eine Gesellschaft gründeten. Die ÖVP-nahe Air Austria in Kooperation mit der niederländischen KLM und die noch namenlose Fluggesellschaft des Verkehrsministeriums in Kooperation mit der skandinavischen SAS. Geflogen wurde in jenen turbulenten Tagen nicht.

Die erste Uniform sah später so aus.

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Ersterer Interessengruppe gehörte übrigens ein gewisser Dr. Hans Lauda, Präsident der Industriellenvereinigung und Großvater von Niki Lauda, an. Auch in der Folge ging es nicht zimperlich zu. Man bootete sich gegenseitig aus, täuschte abgeschlossene Verhandlungen vor, als davon noch nicht die Rede sein konnte, schaltete den Verwaltungsgerichtshof ein, drohte mit Amtshaftungsklage. Auf politischer Ebene wurde die Causa im Parlament mit entsprechenden Anträgen und gegenseitigen Schuldzuweisungen begleitet. Erst im Juli 1957 war es so weit: Die Air Austria und die mittlerweile auch zu einem Namen gekommene Austrian Airways wurden dank Parteienübereinkommen eins.

Flugbegleiterin Maria Jackl mit Ehrengästen beim Erstflug.

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Am 30. September 1957 wurde im Großen Sitzungssaal der Creditanstalt die Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs Aktiengesellschaft gegründet. "Zwei Jahre war die Luftfahrt krank, jetzt fliegt sie endlich, Gott sei Dank", lautete der hoffnungsfrohe Kommentar in einem damaligen Zeitungsbericht. Am 31. März startete eine Vickers Viscount 779 der AUA zu ihrem ersten kommerziellen Linienflug von Wien nach London. Der Strecke Wien–London folgten noch im selben Jahr weitere Liniendienste nach Frankfurt, Zürich, Stuttgart, Paris, Rom und Warschau.

Werbemotiv Ende der 1950er-Jahre.

Foto: Austrian Airlines

Zu jener Zeit mussten die Flugbegleiterinnen – allesamt weiblich – übrigens unverheiratet sein und hatten den Luftröhrenschnitt mit dem Kugelschreiber zu beherrschen. Außerdem lernten sie, bei einem epileptischen Anfall die Zunge mittels Sicherheitsnadel zu fixieren. Doch kaum waren die Geburtswehen überstanden, folgten die Mühen des Alltags.

Der Erstflug wurde mit einer Vickers Viscount absolviert.

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Betriebliche Kontenrechnungen, Dienstvorschriften, Personalverträge gab es da nicht, wie Medienberichten zu entnehmen war. "Fakturen wurden weder gebucht noch einem Kontrollschema unterworfen. Sie wurden bezahlt oder auch nicht, weil oft auch die Belege verschlampt wurden", heißt es im Buch. Manch ausländische Lieferanten mussten ihre Forderungen über das Außenministerium reklamieren.

Ein historisches Ticket von 1960.

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Harte Sanierungsschritte waren im Lauf der Geschichte immer wieder nötig. Nicht nur einmal schwebte der Pleitegeier über der Airline. Der letzte Abschnitt ist bekannt.


Ein Flugplan aus dem Jahr 1959.

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2008 kam es zum Verkauf an die Lufthansa – die Mitgift des Staates: 500 Millionen Euro. Lufthansa-Vorstand Wolfgang Mayrhuber glaube an das Unternehmen, sagt der heutige Chef Kay Kratky und lässt die vergangenen acht Jahre Revue passieren.

Flugzeugtaufe in Kärnten 1965.

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Zusammengefasst mit den Worten: Abbau, Umbau, Aufbau. 2.000 der 8.000 Arbeitsplätze wurden zwischen 2009 und 2012 gestrichen, ein Viertel der Flotte abgestoßen. Es folgten die unter dem Schlagwort Betriebsübergang zusammengefassten schlankeren Kollektivverträge fürs Personal.

Die Uniform 1969–1972.

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Ohne all diese Mühen gäbe es die AUA heute kaum mehr, ist Kratky überzeugt. Jetzt sei wieder Aufbau angesagt. Im letzten Jahr kamen 500 neue Arbeitsplätze sowie neue Strecken dazu. "In diesem Jahr transportieren wir mehr Passagiere als je zuvor", so Kratky, "deutlich über zwölf Millionen." Zum Vergleich: 1958 flogen 25.567 Fluggäste mit der Airline.

Im nächsten Jahr wird über neue Investitionen – vor allem für den nötigen Austausch der in die Jahre gekommenen Langstreckenflugzeuge – entschieden. Ein bis 2,4 Milliarden werden dafür nötig sein. Kratky ist zuversichtlich: Man werde zum fünften Mal in Folge schwarze Zahlen schreiben – "ein kleines österreichisches Wirtschaftswunder". (rebu, 28.9.2017)

Die Uniform 1974–1980.

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