Bild nicht mehr verfügbar.

Im Beisein ihres "Munchi", des Inders Abdul, hat Königin Victoria endlich wieder einmal etwas zu lachen: Judi Dench und Ali Fazal als untypisches Paar in "Victoria & Abdul".

Foto: AP

Wien – Was für eine "Munchi-Mania!" Äh, wie bitte? Lord Salisbury (Michael Gambon) platzt an dieser Stelle gerade der Kragen. Queen Victoria hat einen indischen Bediensteten, der eigentlich nur an den Hof gekommen ist, um ihr ein Geschenk zu überbringen, zu ihrem Munchi, einer Art Lehrer, auserkoren. Abdul Karim (Ali Fazal), so der Name des auch äußerlich reizvollen Exoten ("terribly handsome"), soll ihr Urdu und jenen Subkontinent näherbringen, den sie sich untertan gemacht hat. Die hiesigen Untertanen sind ob dieser Bevorzugung eines Ausländers erzürnt.

Victoria & Abdul – Trailer
Focus Features

Victoria & Abdul ist die jüngste Komödie des britischen Regieveteranen Stephen Frears, eines Mannes, der mit der Aristokratie einige Erfahrung hat. Mit The Queen gelang ihm etwa ein feinsinniges Drama um Königin Elisabeth und ihr Katastrophenmanagement nach dem Tod von Lady Di. Lee Halls Skript für den aktuellen Film lässt weitaus weniger Nuancen zu: Dessen Dreh ist ganz auf die völkerverbindende Freundschaft zwischen einer alten und einsamen Königin und dem freundlich lächelnden Inder ausgerichtet – eine wahre Geschichte, von Frears freilich eher postfaktisch erzählt.

Das wichtigste Gut von Victoria & Abdul ist die Königin selbst. Judi Dench verkörpert sie als renitente Person, die aus ihrer Entourage aus Hofschleimern hervorsticht. An der langen Tafel versinkt sie fast in ihrem Stuhl, um daraufhin die Speisen eilig herunterzuschlingen, ohne ihre Sitznachbarn eines Blickes zu würdigen. Den Inder Abdul, der sich als Muslim entpuppt, nimmt sie mit der Autorität einer Langzeitherrscherin an der Hand, die sich endlich ein Divertissement gönnt, was sie dann auch merklich verjüngt.

Die historischen Perspektiven sind freilich arg verkürzt. Victoria wird als so tolerante wie aufgeklärte Königin gezeichnet, während Abdul in seiner Herzensgüte ein bunt gekleideter Orientalismus bleibt. Die kritischere Position wird in dieser routiniert dahinsurrenden Produktion an dessen Kompagnon delegiert, der im Königreich verwelkt – und dessen Zorn auf die Eroberer bis zum Tod nicht versiegt. (Dominik Kamalzadeh, 29.9.2017)