Budapest/St. Pölten – Nachdem der ungarische Regisseur Arpad Schilling (43), der am 1. Dezember sein neuestes Theaterprojekt am Landestheater Niederösterreich zur Uraufführung bringt, für den Ausschuss für Nationale Sicherheit des ungarischen Parlaments als "potenzieller Vorbereiter staatsfeindlicher Aktivitäten" gilt, meldeten sich der Steirische Herbst und das Burgtheater am Freitag mit einer Protestnote zu Wort.

"Diese Aktion ist ein weiterer schmerzlicher Höhepunkt der Stigmatisierung von Personen und Szenen in Ungarn, die sich gegen das Orbán-Regime stellen. Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit werden massiv verletzt, um die Kultur- und Intellektuellenszene auszuhöhlen und mundtot zu machen. Wir sehen die Idee der freien Zivilgesellschaft in Ungarn stark gefährdet", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Zuvor hatte sich das Landestheater Niederösterreich bereits besorgt gezeigt.

Wie Nationalismus salonfähig wird

Im Steirischen Herbst war Schilling zuletzt mit seinem Stück "A Párt – Die Partei – The Party" eingeladen. Die immer schwieriger werdende Situation für Ungarns progressive Kunstszene veranlasste ihn damals, das Stück kurzfristig neu aufzusetzen. In seiner aktuellen Akademietheaterinszenierung "Eiswind/Hideg szelek" untersucht Schilling, "wie Viktor Orbans Politik vom rechten Rand Europas in dessen Herz vorgedrungen ist, wie Radikalisierung und Nationalismus vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise politisch salonfähig werden". Das Stück steht im Dezember wieder auf dem Spielplan.

Auch in den vergangenen Jahren arbeitete Schilling regelmäßig in Österreich. 2005 begeisterte er mit einer radikalen "Hamlet"-Bearbeitung im Burgtheater-Kasino. Im gleichen Jahr gastierte "Kretakör" mit einer "Möwe" im Westentaschenformat bei den Wiener Festwochen, wo er 2012 wiederkehrte. "Ich bin jetzt ein Aktivist", nahm Schilling damals in einem Interview auf die erschwerten Rahmenbedingungen für kritische, freie Theaterarbeit in Ungarn Bezug. "Aber natürlich bin ich weiterhin auch Künstler." (APA, 29.9.2017)