Gironcolis "Große Stahlvitrine" aus der Serie "Entwurf für eine Figur (Murphy)" gastierte 2003 bei der Biennale in Venedig.

Foto: Galerie Thoman, C. Wachter

"Wir wollen dieses Raumschiff Gironcoli international landen lassen", verkündete Kunststaatssekretär Franz Morak 2003 im Vorfeld der Biennale in Venedig optimistisch und stimmte damit in das Credo "seines" Kommissärs Kasper König ein: Dem Werk des 1936 in Villach Geborenen endlich zu jener Aufmerksamkeit zu verhelfen, die "einem der international wichtigsten Bildhauer seiner Generation zusteht".

Erfüllt haben sich diese Hoffnungen bis heute nur zum Teil. Auf dem Sekundärmarkt ist das Interesse an Werken des 2010 verstorbenen Künstlers aus internationaler Perspektive rudimentär. Laut der Kunstpreisdatenbank Artprice beschränkt sich der Markt hauptsächlich auf Österreich (97 Prozent), gefolgt von Deutschland.

Logistisch aufwendig und teuer

Etwas besser ist die Situation in dem von Galerien betreuten Primärsegment. Der ersten Einzelausstellung in der Galerie St. Stephan 1968 folgten über die Jahrzehnte solche bei Krinzinger, Ulysses, Altnöder oder Magnet. Oder auch in der Galerie Thoman (Innsbruck, Wien), die von 1989 an 26 Skulpturen als Aluminium- oder Bronzegüsse produzierte: 2003 etwa vier Großskulpturen, die einerseits in Venedig und andererseits bei der Biennale in Lyon im gleichen Jahr gezeigt wurden.

Neben den Produktionskosten waren für die Thomans damals auch stattliche Transportkosten angefallen. Die teils monströsen Formate stellen Betroffene oftmals vor logistische Herausforderungen. Legendär etwa die Ausstellung im Museum für angewandte Kunst (MAK) 1997 (Die Ungeborenen), als die Exponate 14 Nächte lang auf Tiefladern von seinem Prateratelier ins MAK transportiert werden mussten.

Im Zuge der Eröffnung des Gironcoli-Museums im Park von Schloss Herberstein 2004 hatte der Bund allein die Anlieferung von 35 Großskulpturen mit 70.000 Euro subventioniert. Hinzu kam eine Million Euro für den Bau des Museums aus dem Budget des Bundeskanzleramtes, weiters je eine Million von Herberstein und dem Land Steiermark. Die Eröffnung mit Kanzler Wolfgang Schüssel, Kunststaatssekretär Franz Morak und Landeshauptfrau Waltraud Klasnic glich einem "Schaulauf der schwarzen Gönner", wie der STANDARD berichtete. In das entlegene Museum im steirischen Stubenberg verirren sich Kunstinteressierte jedoch bis heute nur selten.

Von Sammlungen und Messen

In Wien sind seine Giganten etwa im Gironcoli-Kristall, im Strabag-Haus öffentlich zugänglich, wo neun der einst im MAK gezeigten Skulpturen als Dauerleihgabe eine Heimat fanden. Und bisweilen begegnet man großformatigen Arbeiten auch auf Kunstmessen, wie vergangene Woche im Rahmen der Viennacontemporary. Für die Sektion "Solo & Sculpture" hatte sich der portugiesische Kurator Miguel Wandschneider ein Frühwerk des "Altmeisters" Gironcoli gewünscht und im Vorfeld den Estate kontaktiert. Denn er wollte nicht vom Warenangebot einer Galerie abhängig sein.

Wandschneiders Wahl fiel auf ein Werk in einer Stahlvitrine, aus der im Zeitraum 1972 bis 1995 bearbeiteten Serie Entwurf für eine Figur (Murphy). Die Standmiete für die Präsentation auf der Kunstmesse übernahm die Galerie Krinzinger, die gute Beziehungen zu dem seit 2014 als Bruno Gironcoli Werk Verwaltung GmbH firmierenden Nachlass hat.

Ein Ärgernis für Elisabeth und Klaus Thoman. Die Vorgeschichte: 2003 hatte man die ersten zwei einer auf drei Exemplare limitierten Auflage produziert. Eine Version verkaufte man 2006 über die Freunde der Art Cologne an das damals von Kasper König geleitete Museum Ludwig (Köln). Die in Venedig präsentierte gehörte ursprünglich dem Künstler, wurde jedoch 2008 auf seinen Wunsch hin von der Galerie Thoman erworben und gastiert seit 2015 als Leihgabe im Belvedere.

Posthumer Guss

Gironcoli bekam dann die dritte Version. Laut Elisabeth Thoman habe man mündlich vereinbart, dass es sich dabei um ein "unverkäufliches Belegexemplar" handelt. Gironcoli starb 2010 und mit ihm wohl auch diese Vereinbarung. Es ist das Exemplar, das von der Galerie Krinzinger nun um 300.000 Euro offeriert wurde. Zur Überraschung der Thomans, zumal mit dem Estate, etwa im Hinblick auf einen Verkauf der Belvedere-Leihgabe, ein Verkaufspreis von 380.000 Euro vereinbart worden sei. Dazu scheint in dem auf der Messe aufgelegten Informationsblatt der Galerie Krinzinger, entgegen den Angaben im Werkverzeichnis von 2008, nun ein als "Artist's proof" deklariertes viertes Exemplar auf. Das sei noch nicht produziert worden, erklärt Autorin Bettina Busse auf Anfrage. Busse kuratierte Gironcoli-Personalen, ist an der GmbH des Estates beteiligt und die Schwiegertochter Ursula Krinzingers.

Nach fast 30 Jahren Engagement für das bildhauerische Werk Gironcolis fühlen sich die Thomans quasi übervorteilt. Als Reaktion ließ man kurzerhand die Belvedere-Leihgabe zur Messe liefern. So kam es zur "Doppelpräsentation". Ursula Krinzinger sieht das gelassen, mit ihr sei dazu nie kommuniziert worden. Sie sei guter Dinge, das Werk aus dem Nachlass in einer amerikanischen Sammlung zu platzieren, entsprechende Anfragen lägen vor. (Olga Kronsteiner, 30.9.2017)