Thomas Muster: "Man hat mir ja oft unterstellt, der Muster kann nur laufen und mit Kraft spielen, der hat kein Talent. Das ist unrichtig."

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Eine Erfolgsbilanz.

Wien – Eigentlich wollte Thomas Muster anlässlich seines 50. Geburtstags am 2. Oktober keine Interviews geben, für die ORF-Sendung "Sport am Sonntag" machte der Steirer aber dann eine Ausnahme. Neben einer ausführlichen Bilanz seiner eigenen Karriere sprach der Turnierbotschafter des Erste Bank Open dabei auch über Dominic Thiem, der einen neuen Tennisboom in Österreich ausgelöst hat.

"Es gibt Parallelen, aber es ist auch eine andere Zeit. Ich glaube, dass Dominic Thiem einen richtigen Schritt gemacht hat, um seine Popularität in Österreich zu steigern", sagte der ehemalige Weltranglisten-Erste.

"Der Schritt, wieder Davis Cup zu spielen und Österreich im Davis Cup weiterzubringen, ist für ihn vielleicht eine Zusatzbelastung." Doch auch an seiner eigenen Karriere sehe er im Rückblick die Wichtigkeit dieses Mannschaftswettbewerbs. Muster hatte seinerzeit in Österreich einen Tennisboom ausgelöst, dies seien seine Erfolge auch gewesen, aber besonders die Auftritte im Davis Cup.

"Werde immer wieder auf diese Davis-Cup-Spiele angesprochen"

"Dass wir Österreicher in einer Weltsportart erfolgreich sein können, das hat Massen mobilisiert. Ich werde immer wieder auf diese Davis-Cup-Spiele angesprochen", so der 44-fache ATP-Sieger. "Wenn Dominic weiter so viel Erfolg hat und weiterhin für den Davis Cup zur Verfügung steht, dann kann sich dieser Kreis gut schließen."

Für Muster hat Thiem weiterhin Nummer-1-Potenzial. "Er ist schon in meine Fußstapfen getreten. Ich habe immer gesagt, vergleicht Dominic nicht mit mir, das ist eine andere Generation, da wird anders Tennis gespielt." Doch Thiem sei in der Jahreswertung 2017 Vierter. "Wer Nummer vier der Welt sein kann, kann auch Nummer eins sein. Man muss auch sein Alter berücksichtigen."

Für Muster ist aktuell natürlich der Deutsche Alexander Zverev direkter Gegner, aber es sei absehbar, dass es an der Spitze bald eine Wende geben könnte. "Ich glaube, es gibt ein Zeitfenster, das jetzt begonnen hat und drei, vier Jahre offen sein wird. Da reicht es vielleicht für die Nummer eins."

"Es wird immer zwei, drei Knackpunkte geben"

Dass Thiem das Potenzial habe, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen ("am wahrscheinlichsten wird es Roland Garros sein"), sei keine Frage. "Er ist da vorne dabei, aber er muss sich weiterentwickeln wie das die anderen auch tun. Es wird immer zwei, drei Knackpunkte geben, und dann kann es zu einem oder mehreren Grand-Slam-Siegen reichen und natürlich auch zur Nummer eins."

Thiem bringe mit seiner Ausrichtung ganz aufs Tennis, seiner Willensstärke und seiner Geradlinigkeit viel mit. "Es fehlt ihm vielleicht noch ein bisserl die Konstanz, aber er ist jung, das spricht für ihn."

Er bezeichnete Thiem mehr als Arbeiter, denn als Talent. "Was ja keine Schande ist. Dass man es in diese Liga ohne Talent schafft, ist für mich ausgeschlossen. Man hat mir ja oft unterstellt, der Muster kann nur laufen und mit Kraft spielen, der hat kein Talent. Das ist unrichtig, da tut man den Leuten unrecht."

"Ich bin froh, dass es damals die Smartphones noch nicht gegeben hat"

Natürlich waren der French-Open-Sieg 1995 sowie der letzte Turniersieg in Key Biscayne (1997), acht Jahre nachdem seine Karriere durch einen Unfall von einem betrunkenen Autofahrer am selben Ort in Gefahr geraten war, große Höhepunkte seiner Karriere.

Musters Popularität hat sich mit den Jahren freilich reduziert. "Es war früher ganz extrem, da hat man mich auf der Kreuzung mit dem Auto aufgehalten, und um Autogramme und Fotos gebeten hat", erinnerte sich Muster im ORF-Gespräch schmunzelnd. "Ich bin froh, dass es damals die Smartphones noch nicht gegeben hat. Heute ist es relativ neutral."

Seinen Lebensmittelpunkt hat Muster, der seine unmittelbare Heimat nach wie vor in Leibnitz in der Steiermark sieht, in Kärnten. "Ich bringe meine Tochter zur Schule und hole sie ab. Ich bin sehr froh, dass ich meine Leben in Ruhe genießen kann, abseits jeder Öffentlichkeit", sagte der 1996 sechs Wochen auf ATP-Platz eins gestandene Muster. "Ich finde meinen Halt in der Familie, das macht mir sehr viel Spaß." Er habe seinen Sohn Christian, der in Australien bei seiner Mutter lebt, "nicht wirklich aufwachsen sehen" gesehen. "Insofern genieße ich es doppelt, dass ich mit Maxim viel Zeit verbringen kann."

"Ich bin zufrieden wie es ist"

Seine früheren Leistungen sind ihm nach der Karriere noch bewusster geworden. "Man realisiert erst heute, dass das sehr viel wert war und es ganz was Besonderes war. Wenn die Leute heute noch kommen, weiß man, man hat was ganz gut erledigt in seinem Leben." Für seine Zukunft hat Muster keine besonderen Träume oder Ziele. "Nein, ich möchte lang gesund bleiben, das ist das Entscheidende. Ich bin zufrieden wie es ist und ich hoffe, es bleibt so." (APA, 2.10.2017)