Der Soldat (Peter Fasching) meistert einen mörderischen Alltag.

Polster/Volkstheater

Wien – Es gibt Orte, die nicht für das Leben geschaffen sind. Nur ein paar rebellische Teilchen trotzen lebensfeindlichen Umständen wie eisigen Temperaturen oder extremem Druck. In Alexandra Badeas Stück Extremophil sind diese toxischen Bedingungen eine leistungstreibende Gesellschaft. Die Überlebenden ein abgestumpfter Drohnenpilot, ein überforderter Politiker und eine Meeresbiologin in einer existenziellen Lebenskrise.

12.000 Kilometer entfernt von Pakistan führt der Soldat (Peter Fasching) einen Bürokrieg. Am Rand des Screens klebt das Foto der toten Schwester, bei einem Becher Kaffee markiert er mit der Drohne sein Ziel. Der Politiker streift sich jeden Morgen mit dem weißen Hemd ein anderes Leben über. Vermehrtes Rohstoffvorkommen, aber auch Ahmat aus dem Darkroom lassen sein Herz höher schlagen. Und statt Unterwasserknollen analysiert die Meeresbiologin (Birgit Stöger) das eigene Leben. Sie steht auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, hat für die umweltschädliche Mission den Freund verlassen, doch auf dem Meeresgrund stellt sie fest: "Eigentlich bin ich schon tot!"

Jeder von ihnen ist einsam, jeden suchen Geister heim. Die Darsteller tanzen im Gleichschritt, bis sie unsanft aufprallen. Das nackte Stahlgerüst auf der Bühne wackelt, während sich die namenlosen Protagonisten mit ihrem Leben auseinandersetzen. Über sich selbst sprechen sie per du.

Extremophil ist ein Plädoyer für reflektiertes Handeln. Das Ensemble braucht in der Inszenierung von Paul Spittler weder Requisiten noch ein aufwendiges Bühnenbild, um zu fesseln. Doch die tragischen Figuren des Stücks wirken lebensfremd. Das Publikum kann sich zurücklehnen. Was ist der eigene Selbstbetrug schon gegen Exekutionen, Umweltzerstörung oder ein Doppelleben? Doch vielleicht ist gerade die Selbsttäuschung im Alltäglichen am allertückischsten. (Eva Walisch, 5.10.2017)