Den Haag – UN-Ermittler haben nach eigenen Angaben Hinweise auf einen weiteren Giftgasangriff in Syrien. Ende März sei bei einem "Vorfall" im Dorf Al-Latamina im Nordwesten des Landes das Nervengift Sarin eingesetzt worden, fünf Tage vor einem Sarin-Angriff in Khan Sheikhoun mit mehr als 80 Toten.

Entsprechende Vorwürfe erhob der Generaldirektor der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), Ahmet Üzümcü, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch. Eine Analyse von Proben habe die Existenz von Sarin belegt.

Chemiewaffenkontrollen verlängern

Frankreich und die USA fordern nun, den Chemiewaffen-Kontrolleuren der Vereinten Nationen mehr Zeit einzuräumen. Die OPCW und die Untersuchungskommission der Uno, der sogenannte Gemeinsame Untersuchungsmechanismus, müssten ihre Arbeit "unbedingt" fortsetzen, sagte der französische UN-Botschafter Francois Delattre am Mittwoch in New York.

Die UN-Experten müssten weiter ermitteln, um die Chemiewaffenangriffe in Syrien aufzuklären und die Verantwortlichen ausfindig zu machen, fügte Delattre hinzu. Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, erklärte, eine Verlängerung des Mandats müsse für den UN-Sicherheitsrat nun "oberste Priorität" haben. Die syrische Regierung habe offensichtlich über den Umfang ihres Chemiewaffenprogramms gelogen. Das Mandat der Untersuchungskommission läuft am 17. November aus.

US-Angriff

Al-Latamina, wo der mutmaßliche Giftgasangriff stattgefunden haben soll, ist etwa 25 Kilometer vom Ort Khan Sheikhoun entfernt. Dort wurden fünf Tage später, am 4. April, bei einem Giftgasangriff mehr als 80 Menschen getötet. Als Vergeltung bombardierten die USA wenige Tage darauf einen syrischen Militärflughafen. In einem Anfang September veröffentlichten Bericht machten UN-Ermittler erstmals die Regierung von Präsident Bashar al-Assad für den Angriff verantwortlich.

Assad gibt an, seine Regierung verfüge seit einem Abkommen von 2013 nicht mehr über Chemiewaffen. Angaben der syrischen Führung und ihres Verbündeten Russlands, das Giftgas sei beim Angriff auf ein Waffenlager der syrischen Opposition ausgetreten, wiesen die Ermittler damals zurück. Dafür fanden sie nach eigenen Angaben Hinweise auf mindestens 23 weitere Chemiewaffenangriffe in Syrien seit März 2013.

Bisher wurde angenommen, dass es sich am 4. April in Khan Sheikhoun um den ersten Einsatz des Nervengiftes Sarin seit Jahren gehandelt habe. Üzümcü nannte es daher "besorgniserregend", dass Sarin offenbar vor dem 4. April eingesetzt worden sei. (APA, 4.10.2017)