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Die spanische Banco Sabadell prüft laut eigenen Angaben wegen der Katalonien-Krise einen Abzug ihrer Konzernzentrale aus der Region.

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STANDARD: Welche Negativeffekte zeigt die Katalonien-Krise schon jetzt auf Spaniens Wirtschaft?

Valverde: Die Ratingagentur Standard & Poor's hat in der Vorwoche wegen der angespannten Lage das spanische Schuldenrating nicht, wie seit langem erhofft, verbessert. An den Märkten zeigt sich die Anspannung mit einer größeren Volatilität. Der Madrider Leitindex IBEX-35 ist praktisch abgestürzt.

STANDARD: Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos meinte, dass die Katalanen unter einer Separation mehr leiden würden als Spanien. Wie sehen Sie das?

Valverde: Da hat er absolut recht. Für Katalonien wären die Folgen äußerst schmerzhaft. Alleine der Ausschluss aus der EU und aus dem Euro würde zu Schaffung einer eigenen katalanischen Devise führen, eine Fremdwährung, die massiven Wechselkursschwankungen ausgesetzt sein wird. Das ist die wahre Katastrophe.

Den größten Schaden für die katalanische Wirtschaft würde die rasche Abwertung der neuen, eigenen Währung bewirken, meint Valverde.
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STANDARD: Seitens der Sezessionisten existiert die Hoffnung, über bilaterale Verträge eine Quasimitgliedschaft erhalten zu können. Ein Luftschloss?

Valverde: Kurzfristig ist dies sehr unwahrscheinlich. Den größten Schaden für die katalanische Wirtschaft wird die rasche Abwertung der neuen, eigenen Währung bewirken. Dazu kommt, dass alle Banken, auch die kleinen, aus Katalonien abwandern werden. Wie soll sich dann Katalonien finanzieren können? Langfristig wird es eine Lösung über bilaterale Verträge geben, aber das kann dauern.

STANDARD: Die Abspaltungsbefürworter argumentieren gerne mit Floskeln wie "die Schweiz Iberiens" oder "das Dänemark am Mittelmeer". Trifft das zu?

Valverde: Bisher hat niemand eine Studie dazu gemacht und durchgerechnet, was die Souveränität kosten würde. Hätte man das gemacht, wären es weit weniger, die eine Unabhängigkeit fordern. Die Regionalregierung hat immer nur darauf verwiesen, wie gut es Katalonien als wirtschaftsstärkste Region des Landes ohne Spanien gehen würde. Außer acht gelassen wurde dabei die schwierige und lange Übergangsphase.

STANDARD: Was würde eine Abspaltung Kataloniens für die Wirtschaft in der EU bedeuten?

Valverde: Der Euro leidet schon an der angesprochenen Volatilität. Wenn der Konflikt weiter ausartet, wird auch Europa viele Federn lassen. Bei Spanien handelt es sich um einen großen Mitgliedstaat, was große Ängste auslösen wird. Wir alle in Europa wurden von der Griechenland-Krise angesteckt, und das ist ein verhältnismäßig kleiner EU-Mitgliedsstaat.

STANDARD: Multinationale Konzerne wie der Biotechkonzern Oryzon Genetics haben ihren Firmensitz bereits abgezogen. Wie lange können die Banken, die in den vergangenen Tagen weit über zehn Prozent ihres Börsenwerts eingebüßt haben, dem standhalten?

Valverde: Oryzon wurde dafür mit einem Aktienkursplus von fast 13 Prozent belohnt. Das ist ein Anreiz für andere Unternehmen, ihre Firmensitze aus Katalonien abzuziehen. Der Druck auf die Banken wird immer höher. Vor allem die großen, wie Caixa Bank und Banco Sabadell, unternehmen große Anstrengungen, um ihre Kunden zu beruhigen und zu halten. Was sie sicher für den Fall des Falles vorbereiten, ist die Verlegung ihrer Zentrale in einen EU-Staat, bevorzugt Spanien, um von dort aus in Katalonien und in der EU zu operieren. Denn allein um den Schutz der Einlagen (bis 150.000 Euro, Anm.) garantieren zu können, muss man in der Eurozone sein.

STANDARD: Caixa Bank ist Aktionär der Erste Group. Was könnte passieren?

Valverde: Sobald die Krise ausartet, gibt es Ansteckungseffekte. Nicht nur bei Töchtern, sondern bei allen Instituten, in die die Caixa Bank investiert hat. Man muss die Stabilität der Institute stärken. Aktuell stehen wir in einer großen Benzinlacke, und es darf kein Funke fallen, um alles in Brand zu stecken. Das gilt es zu verhindern. (Jan Marot, 6.10.2017)