Wer sich abseits der geschürten Antiflüchtlingsstimmung mit den asylpolitischen Realitäten in Österreich beschäftigt, wird gegen die Öffnung der Lehrlingsausbildung für junge Asylwerber in Mangelberufen nichts einzuwenden haben. Immerhin ermöglicht diese Maßnahme Betrieben, sich zu gesetzlich geregelten Bedingungen bitter benötigtes Fachpersonal heranzuziehen. Und sie bewahrt junge Flüchtlinge vor dem manchmal jahrelangen Nichtstun im Asylverfahren, das Menschen bekanntlich auf blöde Gedanken bringen kann.

Nun jedoch zeigt sich, dass diese Win-win-Situation eine dunkle Seite hat. Eine 2015 beschlossene Novelle, der bisher niemand in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, stellt klar, dass eine Lehrlingsausbildung vorzeitig abzubrechen ist, sobald einem Lehrling rechtskräftig der internationale Schutz versagt wird. Gesetzlich gibt es also für die Jugendlichen keine Schonfrist, um ihre Lehre zu beenden – sei es, um nach ihrer Rückkehr eine abgeschlossene Ausbildung in der Hand zu haben, oder aber später als gut integriert in Österreich doch noch Bleiberecht zu erhalten.

Diese Regelung ist kontraproduktiv. Sie widerspricht den Absichten der Lehrstellenöffnung. Außerdem: Welcher Unternehmer wird, wenn er sich dieses Umstands bewusst ist, noch einem Asylwerber eine Chance geben? Fast könnte der Eindruck entstehen: Chancen geben ist unerwünscht. (Irene Brickner, 5.10.2017)