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Angehörige der spanischen paramilitärischen Polizei Guardia Civil demonstrierten am Freitag gegen die katalanische Unabhängigkeit.

Foto: Reuters / Jon Nazca

Die katalanische Regierung, die "Generalitat" von Carles Puigdemont, kommt immer mehr unter Druck. Nachdem am Donnerstagabend das spanische Verfassungsgericht eine für Montag geplante Sitzung des Autonomieparlaments untersagte, bei der über das Ergebnis des Unabhängigkeitsreferendums beraten werden sollte, laufen jetzt auch noch die Firmen davon. Aus Angst vor einer möglichen einseitigen Unabhängigkeitserklärung lassen sie sich in anderen Teilen Spaniens nieder. Nach einer Kabinettssitzung am Freitag forderte die konservative Regierung von Mariano Rajoy in Madrid dann auch noch Neuwahlen in Katalonien. "Es wäre gut, damit zu beginnen, diese Wunde zu schließen", begründet er dies.

Neuwahlen müsste allerdings Puigdemont ausrufen. Und dieser fordert stattdessen internationale Vermittlung. Kommt dies nicht zustande, will er trotz des Verbotes vor das katalanische Parlament treten. Dies soll am Dienstag, statt wie bisher geplant am Montag, stattfinden. Ein Abgeordneter stellte die Ankündigung von Neuwahlen in Aussicht.

Ob Puigdemont die Unabhängigkeit ausrufen wird, für die 90 Prozent beim Referendum (Wahlbeteiligung: 42 Prozent) stimmten, ist nicht klar. Medien berichten, dass die Generalitat auf Zeichen aus Madrid warte, um rechtfertigen zu können, dass man die Ausrufung der Unabhängigkeit auf Eis lege – was Barcelona aber dementiert.

Sorge um Vertrauen

Die bekannte Banco Sabadell beschloss bereits, nach Alicante zu gehen. CaixaBank, Energieversorger Gas Natural und die Sektkellerei Freixenet sind nur einige einer Reihe von Unternehmen, die den Weggang erwägen oder fixieren. Der Internationale Währungsfond (IWF) warnte vor den wirtschaftlichen Folgen der Krise. Spanien sei auf einem positiven Weg, "aber im Falle, dass die politischen Spannungen in Katalonien anhalten, könnte dies dem Vertrauen der Investoren und Konsumenten schaden", erklärte ein Sprecher der IWF-Mission in Madrid. Freitag verabschiedete Spanien ein Dekret, das die Verlegung von Firmensitzen erleichtert.

An Dialoginitiativen fehlt es nicht. Podemos, Gewerkschaften, die Kirche, die katalanischen Unis, die Anwaltskammer und andere Berufsverbände, die baskische Regierung und selbst der FC Barcelona versuchen, beide Seiten an einen Tisch zu bekommen. Und am Samstag werden in ganz Spanien Menschen unter dem Motto #hablamos? (Sprechen wir?) auf die Straße gehen.

Rajoy bleibt derweil hart. Er behält sich vor, alle katalanischen Institutionen zu suspendieren. Als kleines Zeichen der Entspannung darf gewertet werden, dass sich der Vertreter der Zentralregierung in Katalonien, Enric Millo, bei jenen entschuldigte, die während des Votums von der Polizei verletzt wurden.

Auch die Justiz macht keine Pause. Das spanische Strafgericht Audiencia Nacional vernahm am Freitag die Vorsitzenden der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) und Òmnium, die das Rückgrat der Unabhängigkeitsbewegung bilden, wegen "Aufstand". Sie wurden nach der Vernehmung auf freien Fuß gesetzt.

Am Sonntag rufen eine Organisation mit dem Namen Katalanische Zivilgesellschaft (SCC) sowie Rajoys PP und die Ciudadanos zu einer Demonstration in Barcelona für Spaniens Einheit auf. (Reiner Wandler aus Madrid, 6.10.2017)