Wenig Licht im Dunkel gab es schon bisher bei Spekulationen über die Motive Nordkoreas. Neu ist, dass auch die Aussagen der USA mehr Fragen als Antworten aufwerfen.

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Washington/Wien – Fast eine Woche lang hatte es weniger Drohungen gegeben, nun kocht der Konflikt der USA mit Nordkorea wieder auf. Kryptisch und doch eindeutig twitterte US-Präsident Donald Trump am Samstag eine neue Drohung in Richtung Pjöngjang: Frühere Präsidenten hätten 25 Jahre lang an Abkommen mit Nordkorea gearbeitet, die stets gleich wieder gebrochen worden seien. "Es tut mir leid, aber nur eine Sache wird funktionieren!"

Zwar führte der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte seine Worte nicht näher aus, doch wurde die Andeutung weithin als erneute Drohung mit einem Militärschlag eingeordnet. Schon am vergangenen Wochenende hatte Trump seinen Außenminister Rex Tillerson mit ähnlichen Worten zurechtgewiesen, als dieser mögliche Verhandlungen mit Nordkorea ansprach: "Spar dir deine Energie, Rex, wir werden tun, was getan werden muss." Wenig beachtet hatte der US-Präsident zwischendurch eine weitere ähnliche Andeutung angebracht: Bei einem Treffen mit hohen Militärs am Donnerstagabend sprach er von einer "Ruhe vor dem Sturm", die gerade noch herrsche, weigerte sich dann aber auf Nachfragen von Journalisten, seine Bemerkungen zu erklären.

Keine Vorbereitungen

Ob Trump tatsächlich und ernsthaft eine bevorstehende Militärintervention erwägt, ist dennoch unsicher: Bisher sind etwa keine Anzeichen dafür bekanntgeworden, dass zusätzliche Truppenteile, Marine oder Luftstreitkräfte in die Region verlegt worden seien. Das wäre für einen Kampf gegen das mit 1,1 Millionen Mitgliedern viertgrößte Militär der Welt allerdings dringend nötig. Selbst bei einem Präzisionsschlag gegen Regierungsgebäude in Pjöngjang oder gegen nordkoreanische Atomanlagen wäre immerhin mit einem massiven militärischen Gegenschlag auf Südkorea und Japan zu rechnen, zu deren Verteidigung die USA verpflichtet sind.

Unklar ist auch, was Trumps neuen Ärger über Nordkorea ausgelöst hat. In der Öffentlichkeit waren über das Wochenende keine neuen Informationen über neue Provokationen Pjöngjangs bekanntgeworden. Einzig ein russischer Abgeordneter hatte nach einem Besuch im kommunistischen Führerstaat erklärt, er rechne bald mit einem weiteren Raketentest.

Pjöngjang reagiert mit Angriffsdrohung

Fraglich ist auch, wie Nordkorea die neue Drohung interpretiert. Kürzlich war bekanntgeworden, dass Pjöngjang den Kontakt mit republikanischen Analysten gesucht hat, um so herauszufinden, wie Trumps Drohungen zu verstehen sind. Auf die neuen Tweets reagierte das Land mit einer kurzen Presseaussendung, in der es in englischer Sprache droht, im Kriegsfall "als erstes" strategische Stellungen der US-Armee in Südkorea anzugreifen.

In einer Rede vor Bekanntwerden der Trump-Tweets hatte Machthaber Kim Jong-un das Atomarsenal seines Landes als defensive Waffen aufgeführt. Diese seien "eine starke Abschreckung" gegen einen Angriff, sagte er vor dem Zentralkomitee seiner Partei. Dort gab es auch personelle Verschiebungen: Kims Schwester Kim Yo-jong rückte in das Politbüro auf. (Manuel Escher, 8.10.2017)