Man weiß nicht, wovor man mehr Angst haben soll: Sieht der US-Präsident einen Atomkrieg mit Nordkorea, der nach allen Einschätzungen zu Millionen Toten und einer weltweiten Krise führen würde, als realistisches Szenario? Als wahrscheinlich oder sogar wünschenswert? Oder nutzt der Oberbefehlshaber der US-Armee Twitter, um Druck auf China und Nordkorea auszuüben und den von Impulsen getriebenen Unberechenbaren zu spielen, dem lieber entgegenkommen solle, wer selbst überleben wolle – mit dem Risiko, dass dieses Schauspiel als Ernst missverstanden wird und erst recht Krieg auslöst?

Durch US-Medien geistert nun immer wieder die zweite Einschätzung. Sollte es stimmen, dass der Präsident öffentlich Außen- und Verteidigungsminister desavouiert, um die USA als möglichst unberechenbar zu präsentieren, ist das schlimm genug. Und es wäre keinesfalls sicher, dass diese Strategie funktioniert. Durchschaut sie Nordkorea, wäre sie wertlos, denn leeren Drohungen gibt niemand nach. Hält Pjöngjang die Ansagen für Ernst, muss das Land sich in seiner Existenz bedroht fühlen. Dann könnte es sein, dass Machthaber Kim Jong-un lieber selbst in die Offensive geht, als einfach einen Angriff abzuwarten.

Wahrscheinlicher ist ohnehin eine andere Variante: Trump ist eben Trump. Schon im Wahlkampf hat er unter Beweis gestellt, dass er leicht reizbar ist und auf Dinge, die ihm als Provokationen erscheinen, durchaus unverhältnismäßig reagieren kann – unabhängig davon, ob er damit anderen oder sich selbst Schaden zufügt. Dass er sich nicht scheut, der Rhetorik militärische Mittel folgen zu lassen, hat Ende Jänner der desaströse Angriff auf Al-Kaida im Jemen ebenso bewiesen wie sein eiliger Entschluss für einen Angriff in Syrien im April. In Sachen Nordkorea hat sich die Vernunft im Weißen Haus bisher durchgesetzt. Dafür, dass das so bleibt, gibt es keine Garantie. (Manuel Escher, 9.10.2017)