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Harvey Weinstein will sich in Behandlung begeben.

Foto: AP/Richard Shotwell

Hollywood/Wien – "Pulp Fiction", "Der englische Patient", "Good Will Hunting", "Shakespeare in Love", "Aviator", "The King's Speech" oder "Silver Linings": Schon ein kleiner Auszug aus der Vita Harvey Weinsteins ist beeindruckend. Manche bezeichnen den 65-jährigen oscarprämierten Filmproduzenten gar als einflussreichsten Mann in Hollywood. Das Gespür von ihm und seinem jüngeren Bruder Bob für – teils ungewöhnliche – Filmideen gilt als legendär.

Berüchtigt ist er aber auch für sein aggressives Verhalten, wenn es darum geht, einen Film zu bewerben, aber auch gegenüber Regisseuren, Schauspielern oder Journalisten. Angebrüllt habe er sie, eingeschüchtert und so seine Macht zementiert, heißt es. Nun ist er, der über Hollywood einst sagte, er sei der "verdammte Sheriff dieser verdammten, gesetzlosen Scheißstadt", gestürzt.

Am Freitag nahm Weinsteins Untergang seinen Anfang. Die New York Times berichtete, er habe über mehrere Jahrzehnte Schauspielerinnen, etwa Ashley Judd und Rose McGowan, und Mitarbeiterinnen sexuell belästigt. Mit acht Frauen habe er sich demnach auf außergerichtliche Entschädigungen geeinigt. Das von den beiden Brüdern gegründete Filmstudio The Weinstein Company schickte ihn sofort auf unbefristeten Urlaub und kündigte eine interne Untersuchung an.

"Dämonen" in den Griff bekommen

Am Sonntag folgte schließlich das endgültige Aus. Das Filmstudio feuerte seinen eigenen Chef, außerdem traten fünf der neun Mitglieder des rein männlichen Aufsichtsrats zurück. Weinstein selbst zeigte sich reumütig. Er räumte ein, dass sein Verhalten "viel Schmerz" verursacht habe und er sich "aufrichtig" entschuldigen wolle. Außerdem versprach er, sich einer therapeutischen Behandlung unterziehen zu wollen. Bereits zuvor hatte er eine Auszeit angekündigt, um seine "Dämonen" in den Griff zu bekommen.

In Hollywood waren die Reaktionen auf die Affäre spärlich. Laut "New York Times" hätten zahlreiche Darsteller, Produzenten und Regisseure auf eine Stellungnahme verzichtet. Evan Rachel Wood war eine der wenigen, die sich zu Wort meldete. Sie lobte, ohne Weinstein namentlich zu nennen, jene Frauen, die ihre Vorwürfe öffentlich gemacht hatten. Man müsse die Opfer von Missbrauch unterstützen, dies sei einer der ersten Schritte zu wirklichen Veränderungen.

Denn grundsätzlich, schrieb die 30-jährige Schauspielerin auf Twitter, werden junge Frauen und Männer in Hollywood eingeschüchtert, bedroht und manipuliert, bis sie sich unterordnen. Das Problem greife schon lange um sich, so Wood, die im vergangenen Jahr bekanntgab, zweimal vergewaltigt worden zu sein. Im Kampf gegen sexuelle Belästigung in der Unterhaltungsbranche rief sie daher ihre männlichen Kollegen zur Unterstützung auf: "Männer, wir brauchen euch als Verbündete."

Demokraten distanzieren sich

Auch die US-Politik spielt bei dem Ganzen eine Rolle. Da wäre zunächst Präsident Donald Trump, der selbst im Wahlkampf 2016 mit sexuell anstößigen Bemerkungen für Wirbel gesorgt hatte. Er kenne Weinstein schon lange, sagte er zu CNN. "Ich bin keineswegs überrascht, dies jetzt zu hören." Und die Demokraten, die sich damals über Trumps Aussagen echauffiert hatten, distanzierten sich nun von Weinstein, denn der hatte der Partei mehr als eine Million Dollar gespendet. Mehrere Abgeordnete erklärten, das erhaltene Geld an Organisationen weiterzugeben, die sich für Frauenrechte einsetzen. (ksh, 9.10.2017)