Budapest – Ein Bruder des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán ist Medienberichten zufolge in Offshore-Geschäfte verwickelt. Die Firma Gamma Analcont GmbH von Gyözö Orbán jr. besitze gemeinsam mit der Briefkastenfirma Adrere Limited das Budapester Energieunternehmen Yntergy, berichtete das Internetportal "Direkt 36" am Montag.

Eingetragen ist Adrere Limited demnach auf den Britischen Jungferninseln. Der Eigentümer der Offshore-Firma sei eine "russische Privatperson", erklärte Yntgery-Chef András Zoltán Papp gegenüber "Direkt 36". Weitere Auskünfte könne und wolle er nicht geben, da es sich um ein Offshore-Unternehmen handle. Yntergy selbst erhielt laut ihrem Geschäftsbericht Aufträge aus Kasachstan, Tschetschenien und Nigeria.

"Offshore-Ritter" in Fidesz entdeckt

Erst im Vorjahr hatte Regierungschef Viktor Orbán angesichts der Veröffentlichung der Panama-Papers eine umfassende Untersuchung aller Offshore-Kontakte in Ungarn angeordnet und den Kampf gegen "Offshore-Ritter" verkündet. Dabei sollten Steuerbehörden und das Wirtschaftsministerium mittels einer Expertengruppe umgehend Einzeluntersuchungen einleiten. Bei den Enthüllungen tauchten die Namen von mindestens zwei ungarischen Politikern auf, darunter auch ein – nun ehemaliger – Abgeordneter der Orbán-Partei Fidesz.

Ein Netzwerk von Medien hatte im April 2016 weltweit über rund 200.000 von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründeten Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler ihr Vermögen geparkt haben sollen. Die Veröffentlichung führte weltweit zu Ermittlungen und zu einer Debatte über Steueroasen und Geldwäsche.

EU-Förderungen für Orbán-Firma

Das Internetportal berichtete unterdessen auch, dass seit dem Einstieg von Gyözö Orbán jr. bei Gamma Analcont die Firma zwei EU-Förderungen bekommen habe. Dabei handelte es sich einmal um 300 Millionen Forint (knapp eine Million Euro) für ein Projekt für erneuerbare Energien; ein anderes Mal erhielt das Unternehmen 57 Millionen Forint für Kapazitätserweiterungen. "Direkt" betonte aber auch, dass das Unternehmen bereits vor dem Eintritt von Gyözö Orbán jr. Förderungen erhalten habe – allerdings nur in Höhe von 62 Millionen Forint. (APA, 9.10.2017)