Eine Million Eier aus dem Ausland landen täglich in Österreichs Industrie und Großküchen, überwiegend in flüssiger Form. Ein Mascherl, das Auskunft über ihre Herkunft gibt, tragen sie nicht. Das soll sich ändern, fordert die Eierbranche – und stößt dabei auf erbitterten Widerstand.

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Wien – Sie stecken in Mehlspeisen, binden Saucen, sorgen für knusprige Schnitzelpanier und zünftige Frühstücke. Gastronomen und Lebensmittelerzeuger verarbeiten in Österreich täglich gut eine Million Eier aus dem Ausland. Sie werden in Tanks über die Grenze gekarrt, sind verschweißt in Folien oder zu langen Stangen gefroren. Ein Mascherl tragen sie nicht: Ihre Herkunft und Umstände der Produktion bleiben zumeist im Dunklen.

Bisher hat das die Industrie wenig gestört. Dann schlug der Skandal um mit Fipronil belastete Eier auf. Bis wann sich das verbotene Insektizid aus den Hühnerställen gänzlich verflüchtigt, ist offen. So manch billiger Import bereitet den Verarbeitern daher seit dem Sommer Bauchweh. Statt sich auf den Spotmärkten mit flüssigen und getrockneten Eiern aus aller Herren Länder einzudecken, ist vermehrt Ware aus Österreich gefragt. Diese ist aber nicht selten vergriffen.

Langfristige Verträge nötig

"Ein Umdenken findet statt", ist Martin Greßl, Leiter des Qualitätsmanagements in der AMA, überzeugt, warnt aber zugleich vor einem nur kurzen Strohfeuer: Österreich sei in der Lage, den Grad an Selbstversorgung bei Eiern um ein Drittel zu heben. Dafür brauche es jedoch in Summe eine Million Legehennen. Und auf diese wiederum lasse sich die Landwirtschaft nur ein, wenn sie auf langfristige Verträge mit verarbeitenden Unternehmen vertrauen könne.

Österreichs 6,7 Millionen Hühner leben zu 66 Prozent in Bodenhaltung, zu 22 im Freiland, zu elf unter Biobedingungen. Käfige und kupierte Schnäbel sind Geschichte, Fipronil ist in den Ställen verboten. In Europa entspringt nach wie vor mehr als jedes zweite Ei Käfighaltung. Weltweit leben 95 Prozent der Legehennen in Käfigen, zieht Michael Wurzer, Experte der Arbeitsgemeinschaft der Geflügelwirtschaft, Bilanz. Die EU importiert Eier primär aus der Ukraine, Argentinien und den USA.

Rasch wieder alte Ernährungsgewohnheiten

Der Schock unter Konsumenten nach der Fipronil-Krise saß freilich nicht tief. In Österreich brach die Nachfrage nach Eiern nur eine Woche lang um 20 bis 30 Prozent ein. Dann kehrten die Kunden zu den alten Ernährungsgewohnheiten zurück. Länger wirkt der Skandal auf die Preise nach: Das Ei verteuerte sich hierzulande um einen Cent – ein Anstieg um fast sieben Prozent, der nur zum Teil der Jahreszeit geschuldet ist. Um einen weiteren Cent wird der Preis noch anziehen, glaubt Benjamin Guggenberger, Chef der Erzeugergemeinschaft Frischei. Vor allem für aufgeschlagene Eier ist mehr auszulegen. Sie sind im Zuge der Engpässe vielfach teurer als frische.

Eipulver aus Österreich

Stärkeren Bedarf aus Gewerbe und Industrie nach Eiern Made in Austria spürt auch Andreas Hütter, Chef der Eivita. Vier Jahre ist es her, dass der Betrieb in Gnas die erste Aufschlaganlage für Trockeneipulver des Landes startete. Bis dahin war dieses rein Importware. Mittlerweile verarbeiten die Steirer jährlich 120 Millionen Eier aus Österreich. Fast die Hälfte geht in den Export. Zu Kunden zählen Deutsche, Holländer und Dänen, die Wert auf Bodenhaltung legen – während viele österreichische Verarbeiter billigen Käfigeiern aus deren Ländern den Vorzug geben.

Der Wunsch nach unserem Eipulver ist auch hierzulande da, betont Hütter im Gespräch mit dem STANDARD. "Verarbeiter müssen jedoch den etwas höheren Preis wieder reinbringen, sonst beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Frage ist, ob der Lebensmittelhandel bereit ist, dafür mehr zu zahlen."

Mehr Transparenz gefordert

Hütter hofft wie viele andere in seiner Branche auf eine verpflichtende Kennzeichnung von Eiern, die in Industrie und Gastronomie landen. Wie bei Frischeiern soll auch ihre Herkunft und Haltungsform transparent werden. Nur so herrsche auf den Märkten international Waffengleichheit, sagt Guggenberger – zumal unterschiedliche Haltungsformen und Auflagen für Hendl Preise um bis zu 300 Prozent auseinanderklaffen ließen. "Die Konsumenten müssen die Wahl haben", ergänzt Wurzer.

Fipronil hin oder her: Die Fronten bei der Herkunftsdebatte bleiben verhärtet. Vor allem die Wirtschaftskammer und Lebensmittelindustrie halten dagegen. Österreich riskiere mit einer weiteren Vorreiterrolle Wettbewerbsnachteile durch höhere Kosten, so der Tenor. Der Markt habe ja auch den frühen Verzicht auf Käfige nicht gebührend honoriert. Und die Sicherheit lasse sich auch mit bestehenden Regeln verbessern. (Verena Kainrath, 10.10.2017)