Frankreich baut seinen Literaten ein riesengroßes Bücherregal.

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Frankfurt am Main – Im Jahr des Mauerfalls, 1989, war Frankreich zuletzt Gastland auf der Frankfurter Buchmesse. Der Bau der Mauer rund 30 Jahre zuvor hatte der Veranstaltung dazu verholfen, jener in Leipzig, das nun in der DDR vom Westen abgeschnitten war, den Rang abzulaufen und zur wichtigsten der Welt zu werden. Knapp darauf fiel die Mauer. Beides hat natürlich nichts miteinander zu tun.

Und doch ist just heuer, da Emmanuel Macron die Präsidentschaftswahl gegen Marine Le Pen gewann und seither mit Ansagen wie "der Rückzug ins Nationale ist die schlechteste Option" auf besonders viel Gehör trifft, Frankreich wieder in Frankfurt zu Gast. Dabei hatte die seit Jahren etwas mitgenommene Grande Nation mit der Einladung des prosperierenden Nachbarn gehadert, die Zusage lang hinausgezögert. Dienstagabend wird Macron gemeinsam mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel die Messe eröffnen.

Houellebecq im Gepäck

Im Gepäck hat er neben etwa 500 Übersetzungen aus dem Französischen auch mehr als 130 Autoren. Etwa den immer für einen Aufreger guten Michel Houellebecq, die Feministin Virginie Despentes, Yasmina Reza, oder Yasmina Khadra, einen der bekanntesten Schriftsteller Algeriens. Denn Frankreich hat nicht an den Landesgrenzen haltgemacht, sondern will die gesamte frankophone Welt entdecken lassen. Zudem belegen die Zahlen ohnehin eine gute Quote ins Deutsche übersetzter Franzosen.

Aus Österreich sind rund 130 Verlage dabei. Noch mehr stellen in einem gemeinsamen Katalog 541 literarische Neuerscheinungen österreichischer Autoren vor. Insgesamt erwarten 7000 Aussteller aus 100 Ländern ein Publikum von rund 300.000 Menschen. "Wir wollen das in den nächsten Jahren massiv ausbauen", so Buchmesse-Leiter Juergen Boos: Leser stärker anzulocken ist die Zukunftsstrategie der Messe. Jene Endkunden werden allerdings erst am Wochenende eingelassen, für sie treten dann etwa die Bestsellerzugpferde Dan Brown (Origin) und Ken Follett (Das Fundament der Ewigkeit) auf.

Führende Funktion

Bis dahin gehören die Stände dem Fachpublikum, das man als Konkurrenz, Handel und Presse umreißen kann. Frankfurts führende Funktion als Umschlagplatz für Buchlizenzen, Präsentationsplattform für (Neu-)Erscheinungen und Ort zum Netzwerken ist unbestreitbar. Alle großen deutschen Verlage laden zu "Messefesten". Ebenso dient es als ökonomischer Gradmesser der Branche mit bestenfalls stagnierenden Gesamtumsätzen.

Dass mit der auf der Messe versammelten Masse auch ein symbolisches politisches Gewicht ins Spiel kommt, versteht sich. Wie bereits im Vorjahr (aus Anlass der Folgen des Putschversuchs in der Türkei) gilt heuer globalen Konflikten um die Meinungsfreiheit erneut gesteigerte Aufmerksamkeit. Da muss man auch den identitär-ideologischen Verlag Antaios als Mieter eines Standes dulden, der Titel wie Mit Linken leben oder Das andere Deutschland führt. (Michael Wurmitzer, 10.10.2017)