Die Straßen im Großraum Oslo stellen mittlerweile einen symbolträchtigen Boden für das Thema Elektromobilität dar. Denn nirgends wird so Druck gemacht in Sachen Energiewende. Dabei ist Norwegen aufgrund 99 Prozent Wasserkraft in der Stromerzeugung in Sachen CO2-Bilanz ohnehin schon aus dem Schneider, möchte man meinen. Aber halt nur bei der Stromerzeugung. Der Straßenverkehr verschlingt noch riesige Mengen an fossiler Energie, deshalb möchte man auch diesen auf Strom umstellen. Denn neben der reichlich vorhandenen Wasserkraft hat Norwegen auch sein Potenzial bei Windkraft und Solarenergie noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft. Deshalb bestehen dort auch ausgiebige Förderungs- und Bevorzugungsprogramme in Richtung E-Mobilität.

Typisch japanisches Spiel der Kanten, Flächen und Rundungen – das Elektroauto sieht man dem Nissan Leaf nicht mehr zwingend an.
Foto: Nissan

Ob Norwegen als Umweltmusterland dann konsequenterweise zur Klimarettung auch auf den Verkauf seiner reichlichen Ölvorkommen verzichten wird, ist wohl eine andere Geschichte. Jedenfalls ist in diesem skandinavischen Vorzeigeland der Wohlstand nicht nur sehr hoch, sondern auch schön gleichmäßig übers ganze Volk verteilt.

Beginn der elektrischen Neuzeit

Das lockt natürlich die Autohersteller an, insbesondere jene teurer Elektroautos. So erscheint dort nicht nur Tesla allgegenwärtig, sondern im Frühjahr wurde in Oslo der Opel Ampera-e präsentiert – und jetzt auch die zweite Generation des Nissan Leaf. Und man zeigt nicht nur ein Auto, sondern auch gleich die Philosophie hinter der Energiewende, die natürlich von aussichtsreichen Geschäftsmodellen getragen werden muss.

Auch die Heckansicht wurde gefälliger.
Foto: Nissan

Zum Beispiel das Elektroauto als integrierter Bestandteil des Stromnetzes. Die Idee ist, die Batterien des Elektroautos als Pufferspeicher für das Stromnetz zu nutzen, also die Automobilisten in den Handel mit Strom einzubinden. Der neue Leaf zum Beispiel ist technisch bereits darauf vorbereitet, also für sogenanntes bidirektionales Laden.

Pionierrolle

Der Leaf war das erste Großserienauto der elektrischen Neuzeit und ist nun seit acht Jahren am Markt. Klarerweise musste er sich als Pionier auch als solcher zu erkennen geben, was er durch sehr mutiges Design schaffte. Gewagte Linien und Glubschaugen mögen damals genau richtig gewesen sein, heute will ein Elektroauto allerdings nicht mehr als futuristisches Experiment gesehen, sondern als normales hochfunktionales Auto wahrgenommen werden. Deshalb, und weil acht Jahr nahezu unveränderte Bauzeit für eine Modellreihe ohnehin sehr lang ist, präsentiert sich der Leaf jetzt in neuem Gewand, als gehobener, knapp viereinhalb Meter langer Kompaktwagen.

Daniele Schillaci, Vizepräsident Nissan Motors, stellt auf der Tokyo Motor Show 2017 den Nissan Leaf NISMO Concept vor.
Foto: APA/AFP/TOSHIFUMI KITAMURA

Die Technik unterm Blech wurde ja schon einmal überarbeitet und mit größeren Batterien versehen. Mit nunmehr 40 kWh Kapazität (gegenüber 24 bzw. 30 kWh im Vorgänger) sollte man im wahren Leben deutlich über 250 km weit kommen. Der Normreichweite wird mit 378 km noch nach dem alten NEFZ-Modus angegeben. Die Leistung des Motors wurde von 110 PS auf 110 kW erhöht, also 150 PS, was ihn deutlich lebendiger machen müsste und sich auch in einem schon sportlichen Beschleunigungswert ausdrückt: 8,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit hingegen hat man bei 144 km/h belassen. Schneller zu fahren würde sowieso die Batterie zu schnell leersaugen.

Klassischer Kompaktwagen?

Das Kofferraumvolumen liegt jetzt mit 435 Liter etwas über dem Durchschnitt der Kompaktklasse. Der Wagen ist zwar fünfsitzig, zwischen dem Eigengewicht von 1535 kg und dem zulässigen Gesamtgewicht von 1.795 Kilogramm ist es mit dem Beladen aber trotzdem schnell vorbei. Das geht sich nicht einmal für vier Erwachsene aus. (Anmerkung: Vorläufige Daten)

Kräftig erstarkter Antrieb: 110 Kilowatt vulgo 150 PS und Batterien mit 40 kWh Energieinhalt.
Foto: Nissan

Den bisherigen Unterlagen nach zu schließen darf man zwar zum Laden eine 22-kW-Wallbox beim Kauf mitbestellen, die aber nicht voll genützt werden kann, weil auch der neue Leaf nur einphasig mit Wechselstrom geladen werden kann, also laut Herstellerangabe mit 3 kW an der Haushaltssteckdose in 16 Stunden oder mit 6 kW an der 22-kW-Wallbox in acht Stunden. Wer schneller laden will, muss an eine öffentliche Schnellladesäule fahren: 50 Kilowatt Gleichstrom geht auch, und zwar in 40 Minuten zu 80 Prozent.

Übersichtlichkeit

Zurück zur Normalität gilt nicht nur fürs Design außen, sondern auch für den Innenraum: Das Armaturenbrett ist im Gegensatz zum Vorgänger recht konventionell gestaltet, was Ablesbarkeit und Übersichtlichkeit enorm zugutekommt. Auch einiges an Assistenzelektronik der neuen Zeit ist bereits enthalten oder gegen Aufpreis bestellbar.

Der gläserne Leaf.
Foto: Nissan

Der Leaf startet in Österreich Anfang 2018 sofort mit einem gut ausgestatteten Sondermodell, das preislich in der Größenordnung des jetzt noch aktuellen Leaf liegt, also bei etwas über 30.000 Euro, hat man jetzt mal versprochen. (Anmerkung: Der Leaf 2.Zero Edition kostet 34.990 Euro) (Rudolf Skarics, 16.11.2017)