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Mobilität wirkt sich in der Wissenschaft positiv auf das Zitiert-Werden aus.

AP

London – Internationale Mobilität ist im 21. Jahrhundert quer durch alle Wissenschaften längst zur Karrierevoraussetzung geworden. Wer nicht auf ein paar Jahre im Ausland verweisen kann – wie sinnvoll diese im Einzelfall auch immer gewesen sein mögen –, hat wenig Chancen, auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Doch ist diese Art der akademischen Mobilität nur eine Art von Ritual? Oder kann sie tatsächlich als indirekter Indikator für bessere bzw. öfter zitierte Arbeiten dienen?

Dieser Frage ist ein Team von Forschern um Vincent Larivière nachgegangen, der als Affiliation sowohl die Universität Montreal als auch die Universität Leiden angibt, wo er Gastprofessor am Zentrum für Wissenschafts- und Technikforschung ist. Datengrundlage der Studie waren 14 Millionen Fachpublikationen, die von 16 Millionen Autoren zwischen 2008 und 2015 veröffentlicht wurden.

14 Millionen ausgewertete Aufsätze

Zum einen analysierte das Team um Larivière für ihre im Fachblatt "Nature" publizierte Studie die Mobilität der Wissenschafter. Laut ihren Berechnungen waren von den 16 Millionen Forschern knapp 600.000 (oder vier Prozent) mobil.

Von diesen hatten 73 Prozent zusätzlich zu ihrer angestammten Institution noch eine weitere Anstellung im Ausland, wie etwa eine Gastprofessur. Diese Forscher heißen in der Studie "Reisende". Die verbleibenden 27 Prozent wurden von den Autoren als "Migranten" bezeichnet, weil diese tatsächlich das eigene Land verließen und im Ausland weiterforschten.

Kontinental betrachtet fanden Larivière und Kollegen bei diesen "Migranten" für den Untersuchungszeitraum einen eindeutigen Trend: Asien und Europa verloren in erheblichem Ausmaß Wissenschafter nach Nordamerika. (Das war allerdings noch vor der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.)

40 Prozent mehr Zitierungen für "Migranten"

In Sachen Zitierungen schnitten die "Migranten" eindeutig am besten ab: Ihr Impact (gemessen an der Zahl, wie oft ihre Publikationen von anderen zitiert wurden), lag um 40 Prozent höher als bei allen anderen. Auch die "Reisenden" hatten insgesamt mehr Impact. Die Zunahme variierte freilich sehr stark nach Herkunftsland. Während "Migranten" aus Osteuropa eine durchschnittliche Zunahme ihres Impacts um 173 Prozent erreichten, nahm die Zahl der Zitierungen von "Migranten" aus Nordamerika bloß um elf Prozent zu.

Bleibt unter dem Strich, dass sich Auslandsaufenthalte oder Übersiedlungen ins Ausland allem Anschein nach tatsächlich positiv auf die Zitierungen auswirken – und dass die migrationsfeindliche Politik von Donald Trump oder Theresa May für die Wissenschaft alles andere als produktiv ist. (Klaus Taschwer, 10.10.2017)