Als sogenannter "Honigtopf" blieb "Childs Play" nach der Festnahme der Betreiber noch knapp ein weiteres Jahr online.

Foto: APA

Im April 2016 tauchte im Dark Web – jenem Teil des Internets, der regulären Suchmaschinen verborgen und in der Regel nur über Anonymisierungsnetzwerke zugänglich ist – eine neue Plattform auf. "Childs Play" (frei übersetzt: "Kinderkram") hieß sie. Hinter dem unschuldig anmutenden Namen verbarg sich ein schnell wachsendes Forum, in dem Nutzer Kinderpornografie austauschten.

Doch die Behörden entdeckten das Portal offenbar schnell und konnten es erfolgreich infiltrieren. Das fanden norwegische Journalisten, die selbst in monatelanger Recherche versuchten, in der "Szene" zu ermitteln, zufällig heraus. Der Betrieb wurde seit rund einem Jahr nicht mehr von den eigentlichen Gründern aufrechterhalten. Stattdessen nutzte man die Plattform als "Honigtopf", um mehr Einblicke zu gewinnen und mehr Verdächtige auszuforschen, fasst der "Guardian" zusammen.

Ermittler nahmen Identität von Betreiber an

Ins Leben gerufen hatte die Seite der Kanadier Benjamin Faulkner, der mittlerweile wegen sexueller Übergriffe auf ein vierjähriges Kind eine lebenslange Gefängnisstrafe verbüßt. Er stand schon länger unter Beobachtung der Taskforce "Argos" der australischen Queensland Police, die auch mit europäischen und amerikanischen Behörden zusammenarbeitet.

Die Ermittler hatten im Herbst 2016 den Hinweis erhalten, dass Faulkner bald in die USA fahren und sich dort wahrscheinlich mit einem anderen Betreiber von "Childs Play" treffe würde. Man entschied sich für einen Zugriff und konnte beide festnehmen. Das IT-Equipment der beiden wurde konfisziert und untersucht. Die Fahnder nahmen online die Identität von Faulkner, der dort unter den Pseudonymen "Warhead" und "Curiousvendetta" firmierte, an und verschoben die Seite auf einen australischen Server.

Bis zu 4.000 aktive Mitglieder

Unter seinem Namen erklärten sie, dass es technische Probleme gegeben und sich Faulkners monatliches Update – dessen Ausbleiben den Mitgliedern auch als Hinweis auf eine Kompromittierung des Portals dienen sollte – deswegen verspätet habe. Um die Glaubwürdigkeit zu erhalten, mussten die Beamten mitunter auch selbst kinderpornografisches Material aus dem Sicherungsarchiv posten – eine auch innerhalb der Polizei kontrovers diskutierte Vorgehensweise. Letztlich, so das Pro-Argument, diente das dazu, Täter zu fassen, die sich nach wie vor an Kindern vergehen.

Zu dem Zeitpunkt, als die Behörden das Forum schließlich abdrehten, hatte "Childs Play" rund eine Million registrierte Mitglieder. Etwa 3.000 bis 4.000 sollen regelmäßig aktiv gewesen sein. Rund 100 Personen betätigten sich als "Produzenten", erstellten also selbst kinderpornografische Aufnahmen, um sie auf der Plattform zu verbreiten. Es kam weltweit zu zahlreichen Festnahmen.

Journalisten entdeckten Polizeioperation

2016 waren auch die Journalisten der norwegischen Seite auf das Forum aufmerksam geworden. Sie stellten die Seite unter Dauerbeobachtung und erstellten ein Programm, das alle in auch für nichtregistrierte Nutzer einsehbaren Foren erstellten Nachrichten herunterladen und zur Auswertung bereitstellen konnte. Über eine technische Schwachstelle gelangte man schließlich im Jänner zu der Erkenntnis, dass die Seite mittlerweile von "Argos" betrieben wurde.

Um nicht potenziell Unschuldige und Opfer zu gefährden, entschloss man sich nach Absprache mit den Ermittlern, mit der Entdeckung nicht sofort an die Öffentlichkeit zu gehen, sondern das Ende der Operation abzuwarten. Die Zeitung hat eine ausführliche Dokumentation über ihre Recherchen und die Aushebung des Forums durch die Behörden veröffentlicht. (gpi, 10.10.2017)