Mark Rutte bleibt Premier, muss aber viel Streit ausgleichen.

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Mehr Sicherheit und Umweltschutz, mehr Geld für Ausbildung und Altenpflege – aber weniger Steuern: So lässt sich die Koalitionsvereinbarung auf den Punkt bringen, die der alte und neue rechtsliberale Premier Mark Rutte den Wählern diese Woche in Den Haag präsentiert hat. Mehr als sieben Monate hat es gedauert, bis sich Rechtsliberale, Christdemokraten, progressive D66-Demokraten und die kleine strengcalvinistische Splitterpartei Christenunie darauf einigen konnten.

Nach dem rigorosen Sparkurs der vergangenen vier mageren Jahre, die im Zeichen der Wirtschafts- und Finanzkrise standen, kann sich das neue Kabinett großzügiger zeigen und wieder Geld ausgeben.

Neben Steuersenkungen sollen vor allem Schulen und Altenheime finanziert werden, aber zur Stärkung der Sicherheit auch Polizei und Verteidigungsministerium.

Die Umsatzsteuer hingegen will Den Haag weiter erhöhen. Der höchste Satz liegt bereits bei 21 Prozent. Nun soll auch der niedrige Satz von bisher sechs auf neun Prozent angehoben werden. Supermarkt- und Friseurbesuche werden dadurch deutlich teurer. Aber das neue Kabinett will eine Wende vollziehen: Arbeit soll weniger, Konsum mehr besteuert werden.

Wütender Wilders

Als Durchbruch können Pläne zum staatlichen Hanfanbau bezeichnet werden. Zehn Gemeinden im Grenzgebiet, die seit Jahren dafür plädieren und unter Scharen von Drogentouristen leiden, dürfen die "Koffieshops" nun selbst mit Hasch bevorraten, statt das Feld dem organisierten Verbrechen zu überlassen.

Bei zahlreichen Themen standen sich die vier Koalitionspartner diametral gegenüber und mussten Wasser in den Wein schütten. So etwa verzichteten die D66-Demokraten auf ihre Kronjuwelen, eine Liberalisierung des Sterbehilfeparagrafen. Und die Christenunie auf Erleichterungen für minderjährige Flüchtlinge.

Kompromisse hat das neue Kabinett auch nötig: Erstens wegen der hauchdünnen Mehrheit; zweitens scharrt die Opposition bereits mit den Hufen – angefangen bei den Sozialdemokraten, die bei den Wahlen eine historische Niederlage erlebten, bis hin zu einem erbosten Geert Wilders, dessen "Partei für die Freiheit (PVV) zwar als zweitstärkste Fraktion ins Parlament eingezogen ist, die aber im politischen Abseits gelandet ist. (Kerstin Schweighöfer aus Den Haag, 11.10.2017)