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Die Bagelbäcker im Visier.

Foto: AP Photo/Kathy Willens

Die kanadische Stadt Montreal ist berühmt für das Eishockeyteam Montreal Canadians, ihr Jazz-Festival – und vor allem für ihre Bagels. Einheimische und Touristen pilgern ins Viertel Mile End, um das Gebäck aus dem Holzofen zu erstehen. "Wir haben die besten Bagels der Welt", prahlte Bürgermeister Denis Coderre kürzlich. Die Anwohner indes klagen über ständigen Rauch, Ruß und die schmutzige Luft. Ihnen sind die zahlreichen Familienunternehmen, die jährlich Kanadas viele Millionen Bagels herstellen, zum Ärgernis geworden. Sie wollen die Bäckereien zwingen, die Holzöfen aufzugeben.

Das ist eine Schreckensvorstellung für Montreals Bagelbäcker, denn die Holzöfen gehören zu ihrem sorgsam gepflegten Image. "Es würde den Geschmack unserer Bagels beeinträchtigen, und auch unsere Tradition, unsere Geschichte", sagte Robert Morena, der Mitbesitzer der seit 60 Jahren bestehenden Bagelbäckerei St-Vi-ateur, der Zeitung Montreal Gazette. Im Gegensatz zu den Bagels in New York, so werben die Bäcker, kämen die von Hand geformten Bagels in Montreal immer aus dem Holzofen. Das kommt bei den Kunden gut an.

Anrainer klagen an

Anwohner wie Francois Grenier dagegen haben die Nase buchstäblich voll. Grenier lebt nicht weit von Fairmont Bagels, einem Traditionsunternehmen, das 1949 gegründet wurde. "Ich leide", sagt der Asthmatiker. "Ich muss die Fenster im Sommer schließen, wenn der Wind von Südwesten kommt."

Das beeinträchtigt auch Leute ohne Asthma, wie Dominique Charbonneau, Mutter eines fünf Monate alten Säuglings. Sie kann wegen des Rußes im Sommer draußen keine Wäsche aufhängen und keine frische Luft in ihre Wohnung lassen. Auch ihre Besucher kommen ins Husten, und ihre Augen tränen, wenn die Fenster offen sind. "Es ist unerträglich", sagte Charbonneau der Montreal Gazette.

Manche Kanadier, die nicht betroffen sind, mokieren sich in Onlinekommentaren über den Kampf gegen die Holzöfen. Aber das Gesetz ist eigentlich auf der Seite der protestierenden Bürger. Die Rauchemissionen der Bagelbäcker in Mile End lagen bei den letzten Messungen weit über den erlaubten Grenzwerten.

Rauch von Holzfeuern enthält mehr als hundert giftige Substanzen, einige werden von der Weltgesundheitsorganisation als krebserregend eingestuft. Diese winzigen Schadpartikel können tief in die Lunge eingeatmet werden.

Behörden drücken Auge zu

Wie anderswo in Nordamerika, haben auch die Behörden in Montreal diese Bedrohung erkannt und Vorschriften dagegen erlassen. In einem Jahr werden im Stadtgebiet alle Holzöfen in privaten Häusern verboten sein, die nicht den strengen Umweltvorschriften genügen. Nur bei kommerziellen Unternehmen wie den Bagelbäckereien drückten die Behörden bislang ein Auge zu.

Die erzürnten Anwohner von Mile End sind deswegen beim Stadtrat vorstellig geworden. Die Behörden sprachen von Bußen für die Bagelbäcker. Robert Morena verteidigte sich: Er habe schon Ingenieure konsultiert, teure Verbesserungen finanziert, Filter eingebaut. Er werde noch mehr tun, um die Emissionen zu reduzieren. Nur das Holz völlig mit Gas oder Strom ersetzen will er nicht.

Sein Konkurrent Irwin Shlafman von Fairmount Bagel erklärte indes, dass er auf Gas umstellen würde, falls das alle Bagelbäcker machen müssten. Er behauptet, die Qualität der Bagel leide nicht darunter.

Jetzt liegt es an den Politikern, eine Lösung zu finden, ohne dabei Montreals Bagel-Mythos zu zerstören. Die Anwohnerin Sarah Gilbert sagte dem kanadischen Fernsehen CBC: "Ich bin nicht grundsätzlich gegen Bagels – aber in meinen Augen sollten es saubere Bagels sein." (Bernadette Calonego aus Vancouver, 11.10.2017)