Wr. Neustadt – Der Übergang von einer Lebensphase in die nächste ist gewöhnlich mit Stress verbunden. Wie ein junger Mensch mit den neuen Herausforderungen umgeht, hängt unter anderem von seiner Persönlichkeitsstruktur und den eingesetzten Bewältigungsstrategien ab. Da sich die Persönlichkeit allerdings kaum ändern lässt und entlastende Strategien vielen Menschen nicht bekannt sind, entstehen gerade in diesen Übergangsphasen nicht selten psychische Probleme.

Das EU-Projekt "Integrating Technology into Mental Health Care Delivery in Europe" (ICare) will an diesen Phasen präventiv eingreifen. "Zu den häufigsten psychischen Störungen, die in diesen Phasen auftreten, gehören Depressionen und Angststörungen", sagt Karin Waldherr von der Ferdinand-Porsche-Fern-FH.

Gemeinsam mit Partnern der Med-Uni Wien ist sie für die Adaptierung und Implementierung von zwei ICare-Programmen für junge Menschen in Österreich zuständig. So soll etwa das speziell für Studierende am Londoner King's College entwickelte Online-Programm Plus junge Menschen bei den Herausforderungen im Studium unterstützen und das Risiko psychischer Probleme verringern. Immerhin ist der Übertritt in eine Hochschule für viele der erste Schritt in ein selbstbestimmtes Leben, das durchaus auch Schattenseiten haben kann.

Viele Risikofaktoren

Der Auszug aus dem Elternhaus, die oft völlig neue Umgebung, die Trennung vom alten Freundeskreis und von klaren Rollen fordern den jungen Leuten einiges an psychischen Ressourcen ab. "Wenn Studierende mithilfe des Programms besondere Risikofaktoren wie etwa großen Perfektionismus, geringen Selbstwert oder höhere Ängstlichkeit bei sich feststellen, werden ihnen entsprechende weiterführende Module angeboten" , sagt Waldherr. Grundsätzlich gehe es nicht um die Behandlung bereits voll ausgebrochener psychischer Erkrankungen, sondern um deren Prävention.

Weil das Wissen um die Vermeidung psychischer Erkrankungen bereits in der Jugend eine zentrale Rolle spielt, wurde an der Universität Stanford ein Online-Programm für 14- bis 19-Jährige entwickelt und wissenschaftlich überprüft. Im Rahmen von ICare wurde es für Österreich und Spanien adaptiert, nun wird das zehnwöchige Programm "Healthy Teens @ School" an österreichischen Schulen angeboten.

Prävention an Schulen

"Dabei geht es vor allem um die Förderung eines gesunden Lebensstils und einen guten Umgang mit Schulstress, Leistungsdruck und anderen Herausforderungen, die auf Jugendliche zukommen", sagt Waldherr. "Denn eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Schlaf oder ein selbstbewusstes Verhältnis zum eigenen Körper wirken präventiv gegen psychische Erkrankungen."

Auch hier beginnt das Programm mit einem Fragebogen, auf dessen Basis den Jugendlichen dann die für sie passenden Module zugewiesen werden. Zeigt sich etwa die Neigung zu problematischem Essverhalten, geht das Programm besonders darauf ein.

ICare wird von der Europäischen Union über das Horizon-2020-Forschungsprogramm gefördert und von der TU Dresden koordiniert. Die Projektpartner kommen aus Großbritannien, Österreich, der Schweiz, Spanien, Deutschland und den Niederlanden. "Letztlich soll das Projekt die Versorgung für psychische Gesundheit verbessern", sagt Karin Waldherr. Immerhin leidet laut der vor kurzem veröffentlichten Studie "Mental Health in Austrian Teenagers" in Österreich fast ein Viertel der Kinder und Jugendlichen zwischen zehn und 18 Jahren an zumindest einer psychischen Erkrankung. (Doris Griesser, 16.10.2017)