Glyhposat bleibt Zankapfel.

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Brüssel – Der Krebsforscher Christopher Portier von der Universität Maastricht hat der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) erneut einen sorglosen Umgang bei der Zulassung von Glyphosat vorgeworfen. EFSA und ECHA hätten nur die Hälfte der in Studien gefundenen Tumore diskutiert, sagte Portier am Mittwoch bei einer Anhörung im EU-Parlament.

"Es werden immer noch Tumore gefunden", sagte der Krebsforscher, der selbst die wissenschaftliche Literatur zu Tierstudien der vergangenen Jahre zu Glyphosat systematisch auf neue Funde durchsucht hat, wie er sagte. Zu der Anhörung im EU-Parlament sind mehrere Wissenschafter geladen. Der US-Agrarkonzern Monsanto, der mit seinem Glyphosat-haltigem Unkrautvernichtungsmittel Roundup die Diskussion ausgelöst hatte, hat sich geweigert, an dem Hearing teilzunehmen. Daraufhin haben die Fraktionsvorsitzenden des EU-Parlaments beschlossen, den Monsanto-Lobbyisten ihre Zugangsausweise zum Parlament zu entziehen.

Das Internationale Krebsforschungszentrum hat die Chemikalie hingegen als "wahrscheinlich" krebserregend einstuft. Die EU-Kommission hat auf Grundlage der Bewertungen der EU-Agenturen vorgeschlagen, die Zulassung von Glyphosat, die zu Jahresende in der EU ausläuft, für weitere zehn Jahre zu verlängern. Mehrere EU-Staaten, darunter Österreich, stehen dem skeptisch bis ablehnend gegenüber.

Kritik an "blindem Vertrauen"

"Das blinde Vertrauen der Europäischen Kommission und ihres Präsidenten in EFSA und ECHA führt zu vielen Fragen. Die EU-Kommission setzt ihre Verantwortlichkeit aufs Spiel und versagt in ihrer Aufgabe als Garant des allgemeinen Interesses in der EU", kritisierte der französische sozialistische Abgeordnete, Eric Andrieu.

Auch die Brüsseler Lobby-Wächter "Corporate Europe Observatory" forderten, dass die EU-Agenturen "unabhängig von Unternehmen werden, deren Produkte sie evaluieren, und ihre Bewertungen müssen transparenter sein".

Der Chef der Pestizid-Abteilung der EFSA, Jose Tarazona, wies Vorwürfe der Intransparenz seiner Behörde zurück. Es stimme auch nicht, dass die EFSA bei ihrer Prüfung nicht alle Bereiche abgedeckt habe, sagte er. Die europäische Chemikalienagentur sei zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat nicht krebserregend sei. Es werde immer behauptet, dass nur die Industrie Studien durchgeführt habe, was aber nicht stimme. Alle Bewertungen der EFSA seien öffentlich einsehbar. Es gehe nicht nur um Monsanto, sondern insgesamt um 24 Unternehmen. Diese hätten hunderttausende Seiten an Dokumentation liefern müssen. Die Agentur habe 1.500 Studien zur Toxizität durchgeführt. Auch die Behörden von Japan, Kanada und Neuseeland seien hätten den EFSA-Befund bestätigt. (APA, 11.10.2017)