Graz – Damit Menschen ihren Körper bei Kälte auf konstanter Temperatur halten, muss der Organismus Energie bereitstellen – dabei wird Fett verbrannt. Bisher wurde angenommen, dass der Abbau des Enzyms ATGL in "braunen" Fettzellen essenziell ist, um ausreichend "Brennstoff" zu generieren. Grazer Forscher haben nun diese Lehrmeinung widerlegt.

Zwei Typen von Fettzellen

Säugetiere – und somit auch Menschen – verfügen über zwei Arten von Fettzellen: Die überwiegend "weißen" Fettzellen dienen vor allem als Energiespeicher. Sie lagern sich ein, wenn dem Körper genügend Nahrung zur Verfügung steht, und speichern Energie in Form von Fetttropfen für Hungerzeiten, erklärte Renate Schreiber vom Institut für Molekulare Biowissenschaften an der Universität Graz.

In "braunen" Fettzellen hingegen – die sich durch eine besonders hohe Anzahl von Mitochondrien auszeichnen, wird Fett verbrannt, um Körperwärme entstehen zu lassen (Thermogenese). Ihr Vorkommen wurde ursprünglich nur bei Neugeborenen beschrieben, seit im Jahr 2009 diese energiefressenden "Verbrennungsmaschinen" auch in Erwachsenen identifiziert wurden, erkannten Forscher in ihnen und ihrer Steuerung einen Ansatzpunkt in der Behandlung von Fettleibigkeit.

Annahme widerlegt

"Bisher war man davon ausgegangen, dass das fettspaltende Enzym Adipose Triglyceride Lipase (ATGL) entscheidend ist, um ausreichend Brennstoff zu generieren und damit die Körpertemperatur unter Extrembedingungen aufrechterhalten zu können", sagt Schreiber. Sollte sich das auch experimentell bestätigen, hätte man mit ATGL ein Werkzeug in der Hand gehabt, um über die braunen Fettzellen den Fettstoffwechsel zu steuern und mehr Fett zu verbrennen.

In ihren jüngsten Versuchen am Mausmodell konnten die Forscher zeigen, dass dies nicht der Fall ist. Die Ergebnisse wurden online im Fachjournal "Cell Metabolism" publiziert, wie die Uni Graz am Dienstag mitteilte.

Die Grazer Biochemiker, die mit Kollegen der Universitäten Maastricht (NL) und Pittsburgh (USA) zusammenarbeiten, haben Mausmodelle im Labor studiert, deren fettspaltendes ATGL-Gen im Labor für spezifische Gewebearten – braune Fettzellen, weiße Fettzellen, Herzzellen, usw. – ausgeschaltet wurde. Das Ergebnis war für die Forscher überraschend: "Das Fehlen des ATGL in den braunen Fettzellen wird durch erhöhte Bereitstellung von Energie aus anderen Fettdepots kompensiert", schilderte die Erstautorin der Publikation. Das zeige, dass ATGL in den braunen Fettzellen keine essenzielle Rolle für die Regulation der Körpertemperatur auf dem Weg der Thermogenese spielt.

Dauerndes Essen

Fehlte ATGL auch im weißen Fettgewebe, konnten die Mäuse ihre Fettdepots überhaupt nicht mehr zur Energiegewinnung heranziehen. Das heißt, die Tiere mussten dauernd essen, um Energie zu bekommen.

Die Experimente im Labor brachten noch weitere Erkenntnisse im Bezug auf die Wirkung von ATGL auf die Herzfunktion, denn auch das menschliche Herz braucht Energie um die Wärme im Körper verteilen zu können: "Fehlt in diesem Organ die ATGL, ist das tödlich", ergänzte Simon Sedej von der Medizinischen Universität Graz. (APA, 11. 10. 2017)