Für die Air-Berlin-Crew wird es künftig nicht leicht, auch wenn sie im Lufthansa-Reich Unterschlupf findet. So gute Verträge bekommen die Mitarbeiter wohl nicht mehr.

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Carsten Spohr ist fast am Ziel: Das Lufthansa-Reich wird wieder ein gutes Stück größer.

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Wien/Frankfurt – Lufthansa macht den Deal perfekt. Mit der Übernahme großer Teile der insolventen Air Berlin ist die AUA-Mutter ein gutes Stück weiter auf dem Weg zum "deutschen Champion im internationalen Luftverkehr". Wochenlang hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr hinter den Kulissen verhandelt. Ein abgekartetes Spiel, wie Ryanair-Chef Michael O'Leary heftig schimpfte. Ein Monster in Form eines Monopolisten werde entstehen, orakelten andere.

Nun steht dennoch fest: Die Lufthansa will mit den 81 der zuletzt gut 130 Flugzeuge der Air-Berlin-Flotte ihre Billigtochter Eurowings ausbauen. "Wir werden einen Meilenstein in der Geschichte von Lufthansa und Air Berlin sehen", frohlockt Spohr. Ein Deal mit Easyjet ist noch nicht in trockenen Tüchern.

Milliarden-Investment

1,5 Milliarden Euro will Lufthansa in Summe in die Hand nehmen, um die gestrandete Air Berlin wieder flottzumachen. Keine leichte Aufgabe, wie der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg dem STANDARD sagt: "Wenn eine Airline insolvent ist, liegen Dinge im Argen. Einfach kaufen und weitermachen wie bisher geht sicher nicht."

An der nötigen Finanzkraft mangelt es nicht. Für die Air-Berlin-Teile samt Niki blättert der Konzern 210 Millionen Euro hin. Was sie dafür bekommt, ist mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Pleiten wie jene von Air Berlin stärken gerade die Großen unter den europäischen Fluggesellschaften. Sie können sich begehrte Landerechte einverleiben und Lücken schließen, die der Absturz von Konkurrenten aufreißt. Die Lufthansa schafft sich laut Schellenberg so ein Bollwerk gegen aggressive Marktteilnehmer wie den irischen Billigflieger Ryanair.

Aktienkurs im Aufwind

Anleger scheinen der Strategie zu vertrauen. Die Aktien der Lufthansa kletterten am Donnerstag so hoch wie seit 17 Jahren nicht mehr. Die Konsolidierung im deutschen Markt werde der Lufthansa Rückenwind geben, erklärten auch Analysten der Investmentbank Bernstein. Weniger Konkurrenz in der Luft ist gut für das Geschäft. Die Margen – zuletzt kräftig unter Druck – würden im kommenden Jahr weniger stark fallen. Gut für die Erträge der Lufthansa.

Während Anleger sich die Hände reiben, fürchten Konsumenten höhere Preise. Nicht zu Unrecht, wie Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg dem STANDARD sagt. Die Lufthansa werde unrentable Strecken der Air Berlin streichen. So dies nicht schon geschehen ist – mit merklichen Effekten bei den Ticketpreisen. "Der Wettbewerb wird sich in Europa und auch weltweit verschärfen", hatte Spohr erklärt. Deutschland kam in diesem Satz wohl aus gutem Grund nicht vor. Auch so manche Strecken ab Wien oder einem anderen heimischen Flughafen fiel bereits dem Sparstift zum Opfer. So wurde die Flugverbindung Berlin-Graz im Sommer gestrichen. Dennoch vertraut Verbraucherschützer Buttler auf die Kartellbehörde, die bei vergangenen Übernahmen häufig verlangte, dass Start- und Landerechte abgegeben werden mussten.

Neue Mitarbeiter

Die Lufthansa hat aber nicht nur einen Konkurrenten weniger. Sie bekommt auch 3.000 neue Mitarbeiter. Darunter die 1.300 Beschäftigten der nicht insolventen Teilgesellschaften Niki und LG Walter, die direkt übernommen werden sollen. Die übrigen rund 1.500 sollen über Neueinstellungen bei Eurowings landen.

Die Niki-Beschäftigten in Wien schwanken wieder einmal zwischen Hoffen und Bangen. "Jubel ist nicht angebracht, es müssen einige offene Fragen geklärt werden", kommentiert GPA-Gewerkschafter Peter Stattmann. Betriebsratschef Stefan Tankovits hofft, "dass der Flugverkehr wieder stärker nach Österreich kommt". Die Konkurrenz konzernintern wird ebenfalls steigen. Die vom Niki-Betriebsrat schon lange angestrebten Gehaltsverhandlungen werden wohl wieder einmal auf die lange Bank geschoben werden. (rebu, 12.10.2017)