Menschenaffe hinter Gitter: Flavio Marchettis Dokumentarfilm "Tiere und andere Menschen" zeigt, wie Tieren Hilfe zuteilwird.

Foto: Polyfilm

Wien – Im Sommer kommen sie derart gehäuft vor, dass sie sogar mit einem eigenen Namen bezeichnet werden: die Fenstersturzkatzen. Wie eine das Wiener Tierschutzhaus besuchende Schulklasse erfährt, landen in den warmen Monaten täglich bis zu 15 dieser verunfallten Tiere in der Obsorge der zweitältesten Tierschutzorganisation Europas. Allein diese Zahl macht den Umfang der Institution klar, die Flavio Marchetti in seinem Dokumentarfilm Tiere und andere Menschen porträtiert.

Der Absolvent der Wiener Filmakademie knüpft in seinem ersten Langfilm eine Vielzahl tierischer und menschlicher Schicksale aneinander. Den meisten Raum bekommen Momentaufnahmen aus dem Arbeitsalltag in der Tierpflege und der Administration, dazwischen ist Michael Schindeggers Kamera aber auch einfach stille Beobachterin der Kein-, Zwei- und Vierbeiner.

Einer von vier Teasern zum Film "Tiere und andere Menschen"
Polyfilm Verleih

Fokus auf Personal und Affen

Von der im Kopierpapierkarton transportierten Schlange über einen – traurig, aber wahr – sterbenden Schwan bis zu allerhand Mutzis und Wautzis reicht der Reigen. Bei rund tausend Tieren, die hier pro Monat Asyl erhalten, glaubt man Marchetti gerne, wenn er zum Film erklärt, dass die finale Auswahl der Szenen fast ein Jahr gedauert hat.

Das meiste Gewicht erhält, auch in emotionaler Hinsicht, die Arbeit des Personals mit einem Schimpansenpaar, das wohl schon vor einiger Zeit in Vösendorf Quartier bezogen hat. Immer wieder kehrt Marchetti zu den Menschenaffen zurück, zeigt, wie sie Cracker, Trauben und Trinkhalme durch die Gitterstäbe gereicht bekommen, an den Käfigtüren rütteln und schließlich auch auf ein mögliches Herz- oder Venenleiden untersucht werden.

Die dazu angereisten Fachkräfte aus dem Zoo Schönbrunn betäuben dabei stilecht mit Blasrohr und nutzen die Gelegenheit gleich für eine Kürzung der Affenfingernägel.

Tischmanieren der Vögel

Auch wenn sie nicht überrascht, so ist es doch die Menschlichkeit der Primaten, die jene Szenen so berührend macht und das zentrale Thema des verantwortungsvollen Umgangs miteinander am deutlichsten in den Vordergrund rückt. Unerwarteter und dadurch umso witziger ist der Einblick in die Pflege der gefiederten Schützlinge der Arbeitsgemeinschaft Papageienschutz, die an eine Kinderkrippe erinnert. Hier werden den Vögeln nicht nur augenzwinkernd ordentliche Tischmanieren abverlangt, sondern auch Bilderbücher vorgelesen.

Die Anliegen, die von angehenden und bestehenden Haustierbesitzern an das Personal des Tierschutzhauses herangetragen werden, erscheinen mitunter ebenfalls skurril, sind jedoch in jedem Fall stets Zeugnis der engen Beziehung zwischen Mensch und Tier. Der Leitsatz, der im Sinne eines guten Auskommens allen Tierhaltern in der entsprechenden Abwandlung hinter die Löffel zu schreiben ist, lautet: "An und für sich ist der Hund nie schuld." (Dorian Waller, 13.10.2017)