Saleh al-Arouri (links) und Azam al-Ahmad (rechts), die Vertreter von Hamas und Fatah, bei der Unterzeichnung des Versöhnungsabkommens.

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Am Hauptsitz des ägyptischen Geheimdienstes in Kairo haben Vertreter der rivalisierenden Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah am Donnerstag ein Versöhnungsabkommen unterschrieben. Ägypten spielt bei diesem Anlauf zur Aussöhnung der seit zehn Jahren zerstrittenen Fraktionen eine entscheidende Rolle – als Mediator und als Garantiemacht.

Vor allem Hamas-Gesprächsführer Saleh al-Arouri bedankte sich überschwänglich bei den Ägyptern. Die islamistische Hamas hatte zu Beginn dieses Monats die administrative Kontrolle über den Gazastreifen, die sie seit 2007 innehatte, an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) von Präsident Mahmud Abbas zurückgegeben. In Kairo wurden seit Dienstag praktische Schritte zur Machtübergabe und Vereinigung der Regierung diskutiert.

Fatah soll Grenze zu Ägypten kontrollieren

Konkret einigte man sich darauf, dass die PA bis zum 1. Dezember die Regierungsgeschäfte in Gaza vollständig übernehmen wird. Wie Delegationsteilnehmer gegenüber Agenturen erklärten, soll eine gemeinsame Kommission eine Lösung für die Zusammenlegung der Beamtenapparate ausarbeiten.

Die Hamas hatte in ihrer Regierungszeit rund 45.000 eigene Leute für die Administration rekrutiert, während die 70.000 PA-Angestellten zu Hause blieben, aber weiterhin auf der Lohnliste standen. 3.000 PA-Polizisten sollen in Gaza nun zusätzlich für die innere Sicherheit sorgen, auch die Kontrolle der Grenze zu Ägypten in Rafah geht an die PA über.

In einer nächsten Gesprächsrunde in diesem Versöhnungsprozess, die für 21. November vorgesehen ist, soll auch über die Vorbereitung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen beraten werden. Die zwei Millionen Einwohner hoffen vor allem darauf, dass sie bald mehr als vier Stunden Strom pro Tag haben werden. Die PA hatte in den vergangenen Monaten mit Strafmaßnahmen wie mit einer Einschränkung der Stromlieferung und Lohnkürzungen die Hamas an den Verhandlungstisch gezwungen.

Entwaffnung ausgeklammert

Die brisante Frage des bewaffneten Flügels der Hamas, die 25.000 Mann starken Qassam-Brigaden, wurde in Kairo offiziell nicht angesprochen. Die Hamas hat immer wieder betont, dass eine Entwaffnung nicht infrage komme. Ismael Haniyeh, Chef des Politbüros, hatte im Vorfeld der Gespräche in Kairo einen Kompromiss nach dem Muster angedeutet, dass Entscheidungen über Krieg und Frieden gemeinsam mit der Fatah getroffen würden.

Das ägyptische Engagement hat zwei Dimensionen. Neben der innerpalästinensischen Aussöhnung soll auch eine politische Lösung des arabisch-israelischen Konflikts vorangebracht werden. Ägyptens Präsident Abdelfattah al-Sisi hatte sich bereits im September am Rande der UN-Generalversammlung in New York mit Israels Premier Benjamin Netanjahu getroffen. Eine neue Rolle wird diesmal auch Saudi-Arabien spielen. Nachdem Ägypten die beiden Inseln Tiran und Sanafir an Riad abgetreten hat, wird Saudi-Arabien automatisch zu einer Partei bei der Suche nach einer Lösung des Jahrzehnte alten Konflikts. (Astrid Frefel aus Kairo, 12.10.2017)