AMD hat mit Ryzen vorgezeigt, dass Prozessoren mit mehr als vier Kernen nicht teuer sein müssen. Jetzt zieht Intel mit der achten Generation der Core-Prozessoren nach und bietet erstmals Sechskerner für ihre preislich attraktive Mainstream-Schiene an, die bis dato nur maximal vier Kerne offeriert hat. Das Topmodell und sein günstiger, kleiner Bruder im ausführlichen Test.

Die neuen Desktop-Prozessoren von Intel hören auf den Codenamen "Coffee Lake-S" und bringen hauptsächlich eines mit: mehr Kerne. Alle i7- und i5-Prozessoren des Lineups können nun mit sechs statt vier Kernen aufwarten, während die i3-Modelle jetzt vier statt zwei Kerne bieten.

Das Coffee Lake Lineup zum Launch
Foto: Intel

Nicht ohne einem neuen Mainboard

Dafür setzt Intel weiterhin auf den Sockel LGA 1151, allerdings in modifizierter Form. Das bedeutet, dass Besitzer von Skylake und Kaby Lake ebenfalls einen neuen Untersatz für ein Upgrade benötigen. Mainboards mit den 100er- und 200er-Chipsätzen sind nicht kompatibel mit Coffee Lake-S! Das mag ärgerlich sein, ist jedoch notwendig, denn die Sechskerner benötigen laut Intel eine bessere Stromzufuhr. Obwohl also die Pin-Anzahl (1151 Pins) gleich bleibt, ändert sich die Pin-Belegung. Daher wird der abgewandelte Sockel derzeit mit LGA 1151 V2 betitelt, um Verwirrung zu vermeiden. Das ist auch dringend notwendig, denn eine ältere CPU in einem V2-Sockel oder eine neue CPU in einem V1-Sockel wird aller Wahrscheinlichkeit nach die Hardware dauerhaft beschädigen. Es bleibt zu hoffen, dass die Mainboard-Hersteller die fehlende Abwärtskompatibilität ebenfalls ausreichend auf ihren Mainboards plakatieren.

Z370, mehr Cache, besseres Overclocking

Die neuen Mainstream-Prozessoren bringen wie gewohnt auch einen neuen Chipsatz mit sich. Die bis dato vorgestellten Mainboards verwenden Z370, billigere Versionen (und daher billigere Mainboards) der 300er-Serie sollen zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Dabei handelt es sich nicht um einen Nachfolger von Z270, sondern lediglich um eine kompatible Kopie für Coffee Lake. Der Z370-Chipsatz bringt daher auch keine neuen Features mit. Das heißt aber nicht, dass Intel ihre neue CPU-Generation ohne neuen Features auf die Reise schickt.


Die Features von Coffee Lake im Überblick.
Foto: Intel

Intel stellt nun jedem Kern mehr L2-Cache zur Verfügung. Statt 4x 1 MB sind es bei unseren Testkandidaten nun 6x 1,5 MB. Durch die höhere Kernanzahl musste auch der L3-Cache wachsen, sodass der i7-8700(K) auf 12 MB statt ehemals maximal 8 MB zurückgreifen kann. Alle i5-Modelle bekommen 9 statt 8 MB, für i3s sind es 6 statt ehemals 4 MB. Weiters gibt es nennenswerte Verbesserungen beim Overclocking. Durch die oben bereits angesprochene, zusätzliche Stromversorgung im Sockel dürfen die Mainstream-CPUs mehr denn je zuvor ziehen. Dem i7-8700K stehen laut offizieller Dokumentation nun bis zu 138 Ampere zu. Bei den DDR4-Speichertaktraten werden nun offiziell bis zu 2666 MHz unterstützt, Speicherlatenzen sollen sich ab sofort auch im laufenden Betrieb frei einstellen lassen. Abschließend wurde das "Per Core Overclocking" von der High-End-Schiene ("Kaby Lake X" und "Skylake X") übernommen. Damit können unter anderem die Kerne getrennt voneinander mit individuellen Multiplikatoren versehen werden.

Benchmarks

Genug der Theorie, jetzt geht es ans Eingemachte. Getestet wurden sieben aktuelle Blockbuster in den Auflösungen 1920x1080 (FullHD), 2560x1440 (WQHD) und 3840x2160 ("nicht ganz" 4K, eigentlich UHD). Die Details befinden sich je nach Spiel am Bereich des maximal Möglichen, rein GPU-lastige Features wie Antialiasing, Postprocessing (zB: Motion Blur) und NVIDIA Hairworks sind deaktiviert. Als Grafikkarte kommt eine ASUS Strix GeForce GTX 1080 mit 8 GB Grafik-Speicher zum Einsatz.

Im Laufe des ausführlichen Testvorgangs wurden nicht nur Spiele getestet, sondern jegliche Anwendungsgebiete für Prozessoren, wie zum Beispiel Video-Enkodierung, 3D-Rendering, Javascript-Performance, Verschlüsselung, GPGPU und vieles mehr. Die folgende Zusammenfassung stellt sich aus insgesamt 15 CPU-Benchmarks, 5 System-Tests (3DMark, VRMark und PCMark) und den oberhalb gezeigten Spieletests zusammen:

Wer seine Geldbörse nicht für eine CPU schlachten möchte, sollte das Preis-/Leistungsverhältnis näher betrachten. Es ergibt sich aus den zuvor ermittelten Gesamtwerten und dem aktuellen Bestpreis im Handel und stellt einen Euro-Betrag pro erzieltem "Performance Point" dar. Unter Bestpreis versteht sich der kleinste Preis des ersten gelisteten, namhaften Shops in Geizhals am Tag der Veröffentlichung des Tests. Nicht mehr im Handel erhältliche Produkte werden mithilfe von ebay und Willhaben mit einem geschätzten Gebrauchtpreis versehen.

Wenig überraschend ist der Intel Core i7-8700K mit seinen sechs Kernen mit und ohne Übertaktung der neue Champion des Mainstreams. In den CPU-Tests kann er sich durch die zusätzlichen Cores deutlich von den Vierkernern absetzen, was auch schlussendlich den Sieg in der Gesamtwertung bedeutet. Den System-Benchmarks und unseren ausgesuchten Spielen sind mehr als vier Kerne weiterhin herzlich egal, hier kommt es ausschließlich auf die Taktrate an. Daran fehlt es dem i7-8700K mit einem Turbo-Takt von 4,7 GHz bestimmt nicht.

Sehr interessant positioniert sich der kleinere Intel Core i5-8400. Ihm fehlt es zwar mit seinen maximal 3,8 GHz auf allen Kernen an Taktrate, um die schnellen Quadcores in der Gesamtwertung zu übertrumpfen, dafür bringt er seinen direkten Konkurrenten, den AMD Ryzen R5 1600, problemlos in Bedrängnis. Damit sind nicht die 5% höhere Gesamtleistung gemeint, sondern primär das ausgezeichnete Preis-/Leistungsverhältnis. Er nimmt damit dem günstigsten Ryzen-Hexacore gehörig den Wind aus den Segeln.

Temperatur und Leistungsaufnahme

Die Optimierungen am 14-nm-Fertigungsprozess können sich sehen lassen. Der i7-8700K ist trotz den beiden zusätzlichen Kernen und dem höheren Turbo-Takt nicht heißer als seine Vorgänger. Wie schön kühl ein Sechskerner unter AVX-Last bleiben kann, darf jedoch nur der kleinere i5-8400 zeigen. Seine Temperatur bleibt auf dem Niveau des vergleichbaren Ryzen R5 1600, während die Leistungsaufnahme des Komplettsystems sogar geringer ist. Nur im Idle-Betrieb kann Ryzen noch mit 20 Watt weniger Leistungsaufnahme punkten.

Ryzen oder Coffee Lake?

Intel kontert schlagkräftig mit Coffee Lake-S, um dem spürbaren Druck von AMDs Ryzen-Prozessoren zu entgegnen. Unterm Strich profitiert dadurch vor allem der Konsument: zwei Kerne mehr und höhere Taktraten als der Vorgänger und das ohne Aufpreis! Das zeigt erneut wie wichtig die Konkurrenz durch Ryzen für den Markt war, in dem nun endlich wieder frischer Wind weht.

Intel schlägt mit Coffee Lake-S erfolgreich zurück. Sechs Kerne waren noch nie so günstig, schon gar nicht von Intel!
Foto: Matthias Zronek

Der Intel Core i7-8700K nimmt dabei die Position des neuen Topmodells für den Mainstream-Bereich ein und schnappt sich mit einem hohen Turbo-Takt und sechs Kernen inklusive Hyperthreading problemlos die Performance-Krone. Da kann selbst der teurere R7 1800X mit acht Kernen nichts ausrichten, ihm fehlt es durch zu wenig Takt schlicht und ergreifend an Singlethread-Performance. Doch selbst in den Benchmarks, die gut mit der Kernzahl skalieren, muss er oft den Kürzeren ziehen. Das fehlende Overclocking-Potenzial und das schlechte Preis-/Leistungsverhältnis des stärksten Ryzens machen die Angelegenheit besonders bitter.

Wirklich schmerzhaft für AMD ist hingegen der Intel Core i5-8400. Er trifft dort, wo es Ryzen besonders weh tut, nämlich im sogenannten "Sweet Spot". Ryzen war seit seinem Launch vor allem für sein gutes Preis-/Leistungsverhältnis bekannt. Daran konnte Intel auch mit der potenten High-End-Plattform "Skylake X" inklusive deutlicher Preisreduktion nicht rütteln. Das galt bis dato speziell für den R5 1600, der sich durch seinen niedrigen Preis quasi unter der Schusslinie von Intel befand. Das ändert sich nun mit dem leistungsfähigeren und obendrein auch noch günstigeren i5-8400, der dem R5 1600 die Argumente stiehlt. Lediglich gut übertaktet kann sich der R5 1600 mit 4 GHz und guter Luftkühlung noch knapp in der Gesamtwertung durchsetzen, legt dabei aber deutlich an Hitze und Leistungsaufnahme zu. Außerdem hilft selbst die Übertaktung nicht über die schlechtere Spiele-Performance hinweg. Für Sparfüchse bleibt der R5 1600 dennoch interessant, weil es einerseits durch den B350-Chipsatz günstigere Mainboards gibt, andererseits der CPU bereits ein Kühler beiliegt. Beides spricht zwar dann maximal für ein moderates Overclocking, kann jedoch den Gesamtpreis des Systems um gut 60 Euro oder mehr senken, die wiederum in die Grafikkarte besser investiert sein könnten. Günstigere Mainboards für Coffee Lake stehen erst mit dem derzeit noch unangekündigten B360-Chipsatz in Aussicht.

Im Bild: Gigabyte Z370 Aorus Gaming 7: Robustes Mainboard für Coffee Lake mit leichten Schwächen im BIOS.
Foto: Matthias Zronek

Verfügbarkeit

Einziger Wermutstropfen stellt die derzeit schlechte Verfügbarkeit von Coffee Lake dar. Der i7-8700K ist momentan so gut wie ausverkauft oder nur zu inakzeptablen Preisen zu haben. Auch bei den kleineren Modellen gibt es Engpässe, sodass die günstigen Launch-Preise leicht nach oben ausgewichen sind. Wenn ein geplantes Upgrade also nicht jetzt und sofort sein muss, dann sollte auf eine bessere Verfügbarkeit gewartet werden. Die Preise sollten sich für gewöhnlich wieder legen.

Fazit

Zusammenfassend ist für Gaming definitiv Coffee Lake zu empfehlen, weil es dafür die schnellere und insgesamt auch rundere Plattform bietet, die ausreichend Potenzial für die Zukunft hat. Wer einen Fokus auf CPU-Rohleistung mit vielen Kernen legt (Benchmarks beachten, ob die verwendeten Anwendungen davon profitieren) oder ein sehr kleines Budget hat und trotzdem nicht auf mehr als vier Kerne verzichten will, wird auch mit Ryzen glücklich werden. Und wenn das Upgrade überhaupt nicht eilt, dann kann auf die neuen Ryzen-Prozessoren auf Basis von "Zen 2" oder "Zen+" gewartet werden, die im ersten Halbjahr 2018 das Licht der Welt erblicken sollen. Außerdem gibt es Gerüchte von einem Coffee Lake mit acht Kernen und einem Z390-Chipsatz, der als das wahre Flaggschiff für Mainboards mit dem Sockel LGA 1151 V2 gehandelt wird. (Matthias Zronek, 15.10.2017)