Ein neues und noch in Zulassung begriffenes Biotech-Arzneimittel ist in der Behandlung der Osteoporose offenbar wesentlich effektiver als das herkömmliche und weltweit häufig verwendete Mittel auf diesem Gebiet. Das hat eine direkte Vergleichsstudie zwischen dem monoklonalen Antikörper Romosozumab und dem Bisphosphonat Alendronat ergeben, die im New England Journal of Medicine erschienen ist.

Bei dem neuen Mittel handelt es sich um ein vom US-Biotechnologiekonzern Amgen entwickeltes neues Wirkprinzip. "Romosozumab ist ein monoklonaler Antikörper, der an Sclerostin (Protein; Anm.) bindet und hemmt. Dadurch wird der Knochenaufbau gestärkt und der Knochenabbau reduziert", schreiben Kenneth Saag (University of Alabama) und seine Co-Autoren.

Bisher stützt sich die Osteoporosetherapie vor allem auf Bisphosphonate, welche den Knochenabbau verringern. Hinzu kam vor einigen Jahren der monoklonale Antikörper Denosumab, welcher durch Blockade des Proteins RANKL die Knochenfresszellen hemmt. In bestimmten Fällen werden auch Arzneimittel mit Parathormon oder die Substanz Strontiumranelat eingesetzt.

Geringeres Risiko

In der wissenschaftlichen Studie mit 4.093 Patientinnen nach einem auf Osteoporose zurückzuführenden Knochenbruch nach der Menopause wurden Alendronat und Romosozumab über einen Zeitraum von zwei Jahren verglichen. Die Hälfte der Patientinnen erhielt zunächst ein Jahr lang jedes Monat eine Injektion mit Romosozumab (210 Milligramm). Die andere Hälfte der Probandinnen bekam einmal wöchentlich 70 Milligramm Alendronat (in Tablettenform). Im zweiten Jahr nahmen alle Probandinnen nur noch das Bisphosphonat ein.

Nach zwei Jahren zeigte sich, dass die Patientinnen, welche im ersten Jahr den monoklonalen Antikörper erhalten hatten, ein um 48 Prozent geringeres Risiko für eine neue Wirbelfraktur aufwiesen – mit einer Häufigkeit von 6,2 Prozent im Vergleich zu 11,9 Prozent bei den Frauen mit ausschließlich Alendronat-Behandlung. Insgesamt sank die Häufigkeit jeglicher Knochenfrakturen um 27 Prozent (von 13 auf 9,7 Prozent). Das Risiko für Hüftfrakturen reduzierte sich um 38 Prozent. Die Unterschiede waren statistisch signifikant.

Bei den Frauen, welche Romosozumab erhalten hatten, gab es allerdings mit einer Häufigkeit von 2,5 Prozent mehr schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse als in der Vergleichsgruppe (1,9 Prozent). Wie sich das auf den Zulassungsprozess für das Arzneimittel auswirkt, ist noch nicht klar. Im Sommer dieses Jahres hatte die US-Arzneimittelagentur eine Registrierung wegen der möglichen Herz-Kreislauf-Problematik vorläufig abgelehnt und mehr Daten aus Studien gefordert.

Produktion einstellen!

Das Wirkprinzip des monoklonalen Antikörper ist ziemlich "ausgefuchst": Das Protein Scerlostin wird von Knochenzellen produziert und gibt an die Umwelt die Botschaft ab: "Es wurde schon genug Knochen gebildet, Produktion einstellen!" Dieses Signal soll verhindert werden. Auf das Wirkprinzip stießen Wissenschafter über Erkenntnisse aus der Humangenetik. Menschen, bei denen eine der beiden Kopien des Gens dafür nicht funktioniert, haben eine starke, aber keine krankhaft starke Knochenbildung. Menschen, bei denen beide Gen-Kopien gestört sind, zeigen eine enorm gesteigerte Produktion von Knochenmasse.

Mit jährlich 16.000 Oberschenkelhalsbrüchen bei Personen über 50 liegt Österreich mit Dänemark und Schweden weltweit im Spitzenfeld. Ursache ist eine hohe Osteoporose-Rate. Niedrigtraumatische Oberschenkelhalsbrüche, ausgelöst durch geringe Belastungen, sind ein Parameter für die Häufigkeit von Osteoporose. Ein anderer ist eine geringe Knochenmineraldichte. Darunter leiden Experten zufolge rund 370.000 Frauen und rund 90.000 Männer.

Insgesamt geht man für Österreich von zumindest einer halben Million Osteoporose-Betroffener aus. Wichtige Präventionsmaßnahmen sind Sport, Nichtrauchen und eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D. Die Bisphosphonate, zum Beispiel Alendronat, haben vor rund 20 Jahren die Behandlung der Osteoporose revolutioniert. (APA, 14.10.2017)