Der Sprung von der Schanze birgt Gefahren, denn als Verunfallter kann man wichtige Ereignisse der österreichischen Zeitgeschichte durcheinanderbringen.

Foto: Gerhard Kresser

Bregenz – Die witzigste Szene in Die Ermordung Bruno Kreiskys von Wolfgang Mörth am Theater Kosmos zeigt zwei Streithansln im Tennisdress. Das vom Tonband zugespielte Aufploppen des Balls und einschlägige Ächzer münden in einen Showdown auf dem Court: Regisseur Augustin Jagg choreografiert das beispielhaft komisch, Hubert Dragaschnig und Bernd Sracnik glänzen in ihren Rollen. Ihre Figuren sind zu diesem Zeitpunkt von Kumpanen zu Rivalen geworden – nicht nur um ein attraktives Exemplar der "Generation Bachelorarbeit", sondern auch um die Deutungshoheit über österreichische Zeitgeschichte. Bei dem einen prangt ironisch verfremdet das RAF-, beim anderen das AKW-Symbol auf dem T-Shirt (Kostüme: Monika Loser).

Mittlerweile sind die beiden Kontrahenten zwar zur Zielgruppe der Ü50-Disco zu zählen, seinerzeit war einer aber immerhin sogar Kadermitglied im ÖSV. Für einen Artikel der motivierten (und motivierenden!) Jungjournalistin (Michaela Spänle) hebt er nun ungeplant ab, und der Sturz von der Schanze birgt eine Chance: Das Hirn des Verunfallten bringt die historischen Ereignisse und mehr durcheinander.

Dass sich die Uraufführung des neuen Wurfs von Wolfgang Mörth genau in die Phase vor und nach den aktuellen Wahlen verschoben hat, kommt dem unterhaltsamen Lehrstück über den Aufbruch der Gesellschaft zu Zeiten Kanzler Kreiskys zugute.

Das finale Potpourri kurz angerissener Rock-Evergreens und Schlager – zelebriert mit den Tennisschlägern als E-Gitarren – steht im Text. Herwig Hammerl (Musik) stiftet schon vorher stimmige Assoziationen per Hammondorgel, da freut sich das Publikum über Child In Time oder Paranoid.

Mandy Hanke (Bühne) grundiert die Mattenschanze und die Couch von Sigmund Freud mit Halfpipe-Elementen. Das sorgt nicht nur für diverse steile Schräglagen, sondern auch für die Anbindung zu gegenwärtiger Jugend: Für die wäre diese Produktion eine intelligente, aktivierende Einheit im Fach Politische Bildung. (Petra Nachbaur, 13.10.2017)