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Eine weitere Runde der Neuverhandlung des Vertrags hat jüngst begonnen. Donald Trump hatte bei einem Treffen mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau gesagt, sollte es nicht gelingen, Nafta zu modernisieren, werde er das Abkommen aufkündigen.

Foto: Reuters/JONATHAN ERNST

Trump will Nafta "in die Luft sprengen". Deshalb erhebt die US-Regierung ständig Forderungen in den Verhandlungen über eine Reform des Paktes, bei denen sie ganz genau weiß, dass Mexiko und Kanada sie ablehnen werden.

Diese Beschreibung stammt nicht von antiamerikanisch gesinnten Politikern in Kanada oder Mexiko. Die US-Chamber of Commerce, ein Lobby-Verband, dem mehr als drei Millionen Unternehmen angehören, kritisierte die eigene Regierung.

Tatsächlich sorgen Wünsche der USA bei den Nafta-Gesprächen für immer stärkere Konflikte, die inzwischen öffentlich ausgetragen werden.

Neuverhandlung des Paktes

Donald Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, Nafta zerreißen zu wollen, sich aber später auf eine Neuverhandlung des Paktes eingelassen. Nach dem Start der Gespräche Ende August wurde es dann ruhig, doch diese Woche bezweifelte der US-Präsident wieder lautstark, ob Nafta zu retten sei. Er habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass er den Pakt ablehne, sagte Trump am Rande eines Treffens mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau. Der Kanadier gab später zu Protokoll, dass sich sein Land in puncto Nafta bereits "auf alles vorbereitet".

Zu den umstrittenen Forderungen der USA gehört die Aufnahme einer speziellen Klausel in den Handelspakt, wonach sich Mexiko und Kanada verpflichten müssen, für einen ausgewogenen Warenhandel mit den Vereinigten Staaten zu sorgen. Das Weiße Haus will außerdem eine Auslaufklausel haben: Demnach würde Nafta künftig nach fünf Jahren automatisch außer Kraft treten, wenn nicht alle drei Parteien einer Verlängerung zustimmen.

Mexiko unter Druck setzen

Die beiden Punkte zusammen wären eine Möglichkeit für die USA, um insbesondere Mexiko unter Druck zu setzen. Mexikos Industrie gilt als größter Gewinner Naftas. Das Land exportiert deutlich mehr Automobile, Maschinen und andere Güter in die USA als umgekehrt und stünde künftig unter Druck, selbst mehr Waren aus dem Nachbarland einzukaufen. Mexiko lehnt die Forderung ab, aber auch in Kanada will man sich nicht erpressbar machen. Bei all ihrer Kritik an Mexiko erwähnt die US-Regierung freilich nie, dass man deutlich mehr Dienstleistungen in dem Land verkauft als umgekehrt.

Als nicht akzeptabel aus Sicht Mexikos gilt zudem eine Forderung aus Washington, wonach Pkws nur nochzollfrei in die USA importiert werden sollen, wenn mindestens 50 Prozent des Fahrzeuges in den Vereinigten Staaten hergestellt werden. Zwischen USA und Mexiko gibt es einen regen Handel mit Automobilteilen: In den USA hergestelltes Material wird in Mexiko weiterverarbeitet und dann reimportiert. Die erwähnte Schutzklausel könnte ein Nachteil für die mexikanische Industrie sein.

US-Unternehmen drängen das Weiße Haus, an Nafta festzuhalten. Auch die Automobilindustrie will den Pakt behalten, weil man auf die billigen Teile aus Mexiko angewiesen ist.

Gary Hufbauer, ein führender Handelsexperte in Washington, glaubt so wie die Chamber of Commerce daran, dass Trump provozieren will, damit die Verhandlungen bis Jahresende keine Fortschritte bringen. "Dann kann er im Dezember sagen, ich habe es versucht, Nafta aufzukündigen"; sagt Hufbauer im Standard-Gespräch.

Vertrag beenden

Wer den Vertrag beenden will, muss die anderen Partner informieren. So ist es in Nafta festgeschrieben. Danach kann der Pakt frühestens nach sechs Monaten außer Kraft treten. Hufbauer glaubt nicht, dass Trump den Inhalt nicht mehr will. "Er möchte seinen Wählern in Ohio und Pennsylvania sagen, dass er Nafta erledigt hat."

Daher hält es der Ökonom für möglich, dass Trump separate Abkommen mit Kanada und Mexiko aushandeln will, die im Wesentlichen den gleichen Inhalt wie Nafta haben – aber anders heißen. Das könnte während der kommenden Jahre stattfinden, solange der Pakt noch weiter gilt.

Die Strategie wäre mit vielen Unsicherheiten behaftet. Im Juli 2018 sind in Mexiko Präsidentschaftswahlen, ob es angesichts dessen gelingen könnte, sinnvoll zu verhandeln, ist zweifelhaft.

Schmerzhaft für Mexiko

Ein Ende von Nafta wäre laut Hufbauer vor allem für Mexiko schmerzhaft. Mexiko verfügt inzwischen über eine der weltweit größten Automobilindustrien. Amerikaner, Japaner und Europäer haben investiert, um die billige Werkbank für den US-Markt zu nutzen. Sollte Nafta außer Kraft treten, kehren die drei Staaten zu jenen Zöllen zurück, die sie von anderen Mitgliedsländern der Welthandelsorganisation WTO erheben. Bei SUV-Fahrzeugen verlangen die USA einen Zoll von 25 Prozent. Mexikos Unternehmen müssten mit starken Einbußen rechnen, so Hufbauer.

In den USA wäre die Agrarindustrie negativ betroffen. US-Farmer exportieren Mais, Fleisch und Milchprodukte nach Mexiko und Kanada. Für landwirtschaftliche Güter würden ohne Nafta hohe Zölle gelten. Aus Angst vor dem Ende des Abkommens regt sich im Kongress auf republikanischer Seite Widerstand: In Texas, Arizona, New Mexico, Oklahoma gibt es eine klare pro Nafta-Mehrheit. Trump braucht die Abgeordneten dieser Staaten, um seine Steuerreform durchzusetzen. Nafta könnte also für weiter zunehmende innerrepublikanische Spannungen sorgen, so Hufbauer. (András Szigetvari aus Washington, 13.10.2017)