Der Ausdruck "Schlammschlacht" bezeichnet laut "Duden" ein "Spiel auf aufgeweichtem Spielfeld".

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Das Verhältnis von Sauberkeit und Schmutz ist komplexer, als man dies auf den ersten Blick wahrhaben möchte. Obwohl uns ein Industriezweig kontinuierlich suggeriert, wie notwendig das Blitzblanke, Blütenweiße und Zischfrische angeblich sei, verhält es sich doch so, dass auch bei der Sauberkeit allzu viel ungesund ist. Das Immunsystem braucht ein Minimum an dreckigen Anreizen, damit es in Schuss bleibt. Waschzwängler und Hygienefanatiker, die nur in aseptischer Umgebung leben können, gehen gesundheitliche Risiken ein.

Im übertragenen Sinn gilt das auch für die Politik. Saubermänner, die sich moralisch höherwertig geben und versprechen, die Politlandschaft zu "reinigen", sind suspekt. "Säuberungsaktionen" waren historisch meist ein Synonym für Brutalität und Barbarei, sodass wir gut daran täten, uns damit abzufinden, dass wir ein gewisses Ausmaß an Schmutzigkeit im zwischenmenschlichen Austausch ertragen müssen: "Uns bleibt ein Erdenrest, / Zu tragen peinlich, / Und wär er von Asbest, / Er ist nicht reinlich." (Goethe).

Freilich stellt sich auch in der Politik die Frage nach dem zulässigen Ausmaß an Schmutzanhäufung. Dieses wurde nach Meinung aller Beobachter im Nationalratswahlkampf 2017 überschritten. Da kann es nur ein schwacher Trost sein, dass wir im Rennen um den schmutzigsten Wahlkampf aller Zeiten abgeschlagen rangieren. Gegen das, was Donald Trump gegen Hillary Clinton im Vorjahr aufgetischt hat, wirkt Österreich 2017 wie ein Born der Wohlerzogenheit und Herzensgüte.

Vokabeln, die von den Kommentatoren hierzulande häufig verwendet wurden, waren die Schmutzkübelkampagne, die Dreckschleuder und die Schlammschlacht. Der zuletzt genannte Ausdruck kommt laut "Duden" aus dem Sport ("Spiel auf aufgeweichtem Spielfeld"), wird aber auch metaphorisch verwendet: "Streit (besonders im Bereich der Politik), der unsachlich und mit herabsetzenden Äußerungen ausgetragen wird". An diesen, so müssen wir vor dem morgigen Urnengang resümieren, herrschte in den vergangenen Monaten leider kein Mangel. (Christoph Winder, 14.10.2017)