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Sex und Ziegen – ein ewiges Thema: Bei Magdalenas Kunden sind Goat-Eye-Rings jedenfalls gerade der Renner.

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Viele Männer haben zwar Angst vor Frauen, aber sie zittern dann halt doch nicht so schön wie ein Vibrator.

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Sex und die Österreicher, wir schreiben das Jahr 2017 – eine heikle Sache.

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Der Laden ist wirklich top, nichts, wofür man sich schämen müsste. Trotzdem möchte Magdalena, die natürlich nicht so heißt wie die biblische Sünderin, ihren Namen lieber nicht genannt wissen. Zwar ist Jesus Christus vor bald genau 2000 Jahren nicht zuletzt wegen unserer Sünden gegen das sechste Gebot gestorben, aber Sex: heikle Sache.

Dabei hat die Kirche mit ihrem Verbot des vorehelichen Geschlechtsverkehrs dem ganzen vielleicht sogar einen geschäftlichen Schub verliehen. Die Sünde ist noch immer reizvoll, und das Verbotene erst recht. Aber was ist heute noch verboten? Eben.

Magdalena arbeitet in einem Erotikshop. Sie verkauft dort Waren aller Art, die uns Lust und Befriedigung verschaffen sollen. Nicht wenige ihrer Kunden kommen regelmäßig eine Viertelstunde vor Ladenschluss. "Das ist eine Eigenheit", die sie selbst nicht ganz versteht. Vielleicht brauchen manche den Druck, um ihre To-buy-Liste abzuarbeiten. Andere wiederum stehen den ganzen Tag herum und "schauen nur". Das alte Problem im Einzelhandel: "Danke, ich schaue nur."

Schaukel zu Ladenschluss

Manchmal muss Magdalena fünf Minuten vor Ladenschluss eine Liebesschaukel als Geschenk einpacken. Oder sie muss sich das Gelabere des Kondomverweigerers an der Kassa anhören, der allen im Detail erzählt, welche Ausschläge Latex an seinem besten Stück verursacht. Ja, es kommen immer noch ein paar arme Hunde herein, die zu Hause keine Ansprache haben. Aber insgesamt, muss sie sagen, sei das Publikum "völlig normal".

Sex und die Österreicher, wir schreiben das Jahr 2017. Vor 20 Jahren und mehr gab es die Bischöfe Groer und Krenn. Mit jedem Dildo kaufte man sich eine Fahrkarte in die Hölle. Was aber erwartet einen, wenn man sich einen Goat-Eye-Penisring kauft?

Der sei gerade der Verkaufsschlager, sagt Magdalena. Er wird aus der Haut um das Ziegenauge gewonnen, das Leder ist dehnbar, aber nicht zu sehr. Über die einäugige Schlange gestülpt, soll er das Blut dort halten, wo es hingehört. Ganz schön viele Augen also in heimischen Schlafzimmern und Sex und Ziegen – sowieso ein ewiges Thema!

Der Penis und die EU

Sind wir also nun endlich total locker und befreit? "Kann man so nicht sagen", sagt Magdalena. Ein Spezialproblem sei der männliche Penis, er sorgt für einige Unlockerheit. Klar gibt es auch den Zweimetermann, der in der weiten Jogginghose mit der großen Sporttasche davor locker im Shop herumsteht. Und der es dann genießt, wenn man sich sein Gehänge, das bis halb zum Knie hinunterreicht, anschaut, sollte er die Sporttasche mal "zufällig" zur Seite schieben.

Aber er ist in der Minderheit, was Entspanntheit angeht – und erst recht, was die Größe des Schniedels angeht. Die fehlende Größe aber, sagt Magdalena, die treibt so manchen Mann hierher mit der flehentlichen Frage: "Kann man ihn nicht größer machen?"

Kann man natürlich, aber um welchen Preis? Magdalena kennt welche, die ihre Vakuumpumpe so intensiv eingesetzt haben, dass das Gewebe riss und sich Beulen am Penis bildeten. Also vorher Gebrauchsanweisung lesen, Reklamationen werden nur angenommen, wenn das Gerät defekt war, nicht der Penis.

Und am Ende gilt sowieso: Durchschnittlich 13,12 Zentimeter (Quelle: "The Guardian") misst das männliche Prachtstück innerhalb der Grenzen der EU, wenn es erregt ist. Vielleicht sind deswegen so viele Männer so wütend auf die EU?

Gewöhnungseffekt

Wenn es darum geht, wären plötzlich viele sehr gern Afrikaner, über die man sich wahre Wunderdinge erzählt. Das vorherrschende Gefühl aber wäre Neid. Viele Männer verlangen daher, dass der Dildo, den sie sich zulegen, europäisch hellhäutig sein müsse.

Das Begehr der allermeisten Frauen geht in Richtung "normale mitteleuropäische Größe", wenn sie sich nach Dildos oder Vibratoren erkundigen.
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Dabei, weiß Magdalena, geht das Begehr der allermeisten Frauen in Richtung "normale mitteleuropäische Größe", wenn sie sich nach Dildos oder Vibratoren erkundigen. Wohl auch, um die Erwartungen an das wirkliche Leben da draußen an den Bars und in den Gasthäusern oder auch auf Tinder nicht zu hoch zu schrauben.

Manche Frau sorgt sich beim Kauf um den Gewöhnungseffekt, der bei Verwendung des Lustspenders schon eintreten kann (Vorsicht! Suchtgefahr!). Denn viele Männer haben zwar Angst vor Frauen, aber sie zittern dann halt doch nicht so schön wie ein Vibrator.

Singlefrauen werden von Magdalena eher zu den "guten Sachen" geführt, die sind immer super informiert und kaufen unbefangen ein. Immer häufiger kämen aber auch muslimische Frauen mit ihren etwas älteren Ehemännern, Arabischer-Raum-Klientel. Die Männer verstehen dann oft die Welt nicht mehr, während die Frauen zielstrebig nach allem greifen, was sie zu Hause nicht bekommen.

"Gute Sachen" für Singlefrauen, die kennen sich gut aus.
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Viele Araber, aber nicht nur sie, hätten auch ein anderes Problem, Fachbegriff: vorzeitiger Samenerguss. Für diese Sorte Problembären hat Magdalena "Delay"-Produkte im Angebot. Cremen, die eine Art Taubheitsgefühl auf der Eichel erzeugen. Man muss sich halt irgendwann entscheiden, ob man selbst auch Spaß haben will beim Sex oder ob man nur als Ausdauerakrobat punkten möchte.

"Delay" oder "Energizer"

Natürlich hat sie auch "arge Peitschen aus Kunststoff, die unten scharf abgeschnitten sind. Wenn du die falsch einsetzt, dann hast du echte Wunden", erklärt Magdalena. Es gebe sogar welche aus Metall oder andere, die drei Meter lang sind, das müsse man schon beherrschen. "Ich merke relativ schnell, ob sich wer auskennt", sagt sie. Das wäre überhaupt das Schöne an ihrem Job, dass es hier alles gibt: Paare, Lesben, Schwule, Transen.

Und dann natürlich die Psychologie: Die Kunden beim Hereinkommen auf ihre möglichen Wünsche taxieren, das macht ihr Spaß.

Im Erotikshop werden Waren aller Art, die uns Lust und Befriedigung verschaffen sollen, verkauft.
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Zum Beispiel Viagra. Das werde ständig nachgefragt, sei aber rezeptpflichtig und bei ihr nicht erhältlich. Sie kann "Energizer"-Produkte anbieten. Oder Penisprothesen, die sich der Mann über den eigenen stülpt, um der Frau das versprochene Glück auf Erden zu verschaffen. Wer solches tut, der muss seine Frau wirklich sehr lieben. Und sie ihren Mann natürlich auch.

Paare, die ihren 20. Jahrestag feiern wollen, und zwar sie als Schülerin und er als Lehrer, schickt Magdalena auch mal zum Flohmarkt, wo "sie sich einen Faltenrock kaufen soll und ein weißes Hemd dazu". Und dann soll sie sich halt Zöpfe machen! Manche wären eben noch immer erschreckend einfallslos, wenn es um die Liebe geht, auch 2000 und 17 Jahre nach Christi Geburt. (Manfred Rebhandl, 14.10.2017)