Seit Herbst 2015 hat Österreich seine Staatsgrenzen kontrolliert. Bei dem Treffen der Innenminister in Luxemburg haben Wolfgang Sobotka und Thomas de Maizière nun um eine Verlängerung angesucht.

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Luxemburg/Wien – Am vergangenen Mittwoch ist für Deutschland wie Österreich die Erlaubnis der EU-Kommission abgelaufen, ausnahmsweise die Staatsgrenzen zu kontrollieren. Die beiden Länder hatten dies ab Herbst 2015 getan – mit der Begründung, dass der illegale Zustrom von Migranten via Süd- und Osteuropa eine Gefährdung der inneren Sicherheit darstelle. Begründung damals: Die EU-Außengrenze in Griechenland sei nicht ausreichend geschützt.

Maximal zwei Jahre durften EU-Staaten solche Kontrollen unter diesem Titel durchführen – ganz in Übereinstimmung mit den im EU-Vertrag festgelegten Regeln des Schengen-Abkommens, das der Politik der offenen Binnengrenzen zugrunde liegt. Eine einfache Fortsetzung wäre ab 11. November nicht mehr möglich gewesen, erklärte man dem "Standard" in der zuständigen Abteilung von EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Die Länder mussten sich also etwas anderes einfallen lassen, um eine Vertragsverletzung zu vermeiden, etwa indem sie sich auf eine Gefährdung der Sicherheit durch Terror stützen.

"Angespannte Sicherheitslage"

Genau das ist nun geschehen. Bei einem Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg, wo die von Avramopoulos jüngst vorgeschlagene Reform der Schengen-Regeln debattiert wurde, traten Wolfgang Sobotka und sein deutscher Amtskollege Thomas de Maizière mit abgestimmter Sprachregelung auf. Sie hätten bei der Kommission um eine Verlängerung um (vorläufig) sechs Monate angesucht. Es gebe "eine angespannte Sicherheitslage in Europa", sagten sie vor der Presse, und es gebe nach wie vor "Defizite beim Schutz der EU-Außengrenzen".

Sobotka fügte hinzu, dass man in seinem Land erst unlängst jemanden aufgegriffen habe, der IS-Kämpfer anwerben wollte. De Maizière betonte, die Grenzschutzmaßnahmen seien "in Hinblick auf den internationalen Terrorismus" weiter nötig.

In fünf EU-Staaten

Österreich wird laut Sobotka die Grenzen zu Ungarn kontrollieren, auch am Brenner verstärkt Güterzüge unter die Lupe nehmen. Deutschland kontrolliert in Zukunft auch Flugreisende aus Griechenland. Auch Schweden, Dänemark und Frankreich setzen ihre Grenzkontrollen fort, ebenso Norwegen, das als Nicht-EU-Mitglied an Schengen teilnimmt.

In der Kommission sähe man es viel lieber, wenn Österreich und Deutschland stärker auf Schleierfahndung als auf Kontrollen an den Grenzen setzten. Aber sie kann sich wegen der Terroranschläge in den vergangenen zwei Jahren dem Willen der Antragssteller kaum entziehen. Sie hat daher vorgeschlagen, dass man den "Terror-Paragrafen" im Schengen-Vertrag modifiziert.

Unter diesem Titel sollen in Zukunft Grenzkontrollen sogar ein Jahr statt sechs Monate lang möglich sein, mit einer Verlängerungsoption um zwei Jahre.

Slowakei übt Kritik

Allerdings: In dem Fall müsste es eine Risikobewertung der Länder durch die Kommission geben, und der Ministerrat müsste Grenzkontrollen zustimmen. Nachbarländer hätten ein Anhörungsrecht. Das lehnen viele Länder ab, so auch Österreich laut Sobotka.

Scharfe Kritik an der Verlängerung der Grenzkontrollen "als Teil einer Wahlkampagne" übte die Slowakei. Auch Slowenien lehnt die Verlängerung ab, was aber keine Konsequenzen hat. Dass die Kommission den Anträgen zustimmt, scheint sicher. Ohne Deutschland und Österreich ist eine Schengen-Reform unmöglich. (Thomas Mayer, 13.10.2017)