Carles Puigdemont hat bisher zwar viele Dokumente zur Unabhängigkeit Kataloniens unterzeichnet, diese aber noch nicht offiziell ausgerufen – so zumindest die Lesart der Opposition.

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Kataloniens Präsident Carles Puigdemont kommt immer stärker unter Druck. In einem Brief verlangte am Freitag etwa die nationalistische CUP die Ausrufung der Republik – alles andere käme einer "Anerkennung der Drohungen" von Spaniens Premier Mariano Rajoy gleich, heißt es in dem Schreiben der Partei, die Puigdemonts Minderheitsregierung unterstützt.

Puigdemont muss spätestens am Montag der Regierung in Madrid erklären, wie seine Rede vom vergangenen Dienstag zu verstehen sei, ob es sich um eine Unabhängigkeitserklärung handelte oder nicht. Puigdemont sprach von einer Republik Katalonien, setzte wenige Sekunden später deren Ausrufung aber aus, um so einen Dialog zu ermöglichen. Sollte Rajoy tatsächlich, wie angedroht, Artikel 155 der spanischen Verfassung anwenden und so alle Autonomiebefugnisse aussetzen und Katalonien direkt von Madrid aus verwalten lassen, dann "soll er das mit der bereits ausgerufenen Republik machen", erklärt die CUP und hofft auf internationale Anerkennung.

Juncker gegen "EU der 96"

Das dürfte allerdings nicht so einfach sein: Denn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach sich erneut gegen ein unabhängiges Katalonien aus. Er fürchtet, dass dann auch andere Regionen ihren Anspruch auf Eigenständigkeit anmelden könnten. "Ich will keine EU mit 98 Staaten", sagte er.

Dennoch: Die CUP ist nicht allein. Auch die Bürgerinitiative ANC, zusammen mit Òmnium das Rückgrat der Unabhängigkeitsbewegung, fordert die Ausrufung der Republik. In einem Brief spricht ANC-Vorsitzender Jordi Sánchez von "möglichen weiteren Mobilisierungen" und "erneuten Streiks". Sánchez ist zusammen mit dem Òmnium-Vorsitzenden Jordi Cuixart und dem Chef der katalanischen Polizei Mossos d'Esquadra, Josep Lluis Trapero, am Montag erneut vor den obersten Strafgerichtshof Spaniens geladen. Ihnen wird "Aufstand" vorgeworfen. Das kann mit bis zu 15 Jahren Gefängnis enden.

Forderungen und Hoffnungen

Selbst in Puigdemonts Wahlbündnis "Gemeinsam für das Ja" (JxSí) rumort es. Vizepräsident Oriol Junqueras schreibt auf Twitter, es sei "Zeit, das Wagnis der Freiheit einzugehen".

Auf der anderen Seite rufen Politiker aus Rajoys Partido Popular (PP) und der sozialistischen PSOE Puigdemont zur "Rückkehr zur Legalität" auf. "Ich habe noch immer die Hoffnung, dass Puigdemont die offene Tür zum Dialog sieht", erklärte der Vertreter der Zentralregierung in Katalonien, Enric Millo. (Reiner Wandler aus Madrid, 13.10.2017)