Die Idee zum Coworking-Café Cocoquadrat kam Wolfgang Bretschko in Silicon Valley.

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Aller Anfang ist bekanntlich schwer, das gilt auch für einen Neuanfang. "Zu Beginn war es sehr zäh", sagt Wolfgang Bretschko, "das erste halbe Jahr war schwieriger, als ich es mir erwartet habe." Diese Phase erstreckte sich über das zweite Halbjahr 2015, als er das von ihm im Juni 2015 eröffnete Coworking-Café Cocoquadrat ins Laufen bekommen musste. "Es war alles anders als früher", betont der 49-Jährige.

Früher, das heißt in Bretschkos Fall eine mehr als 20-jährige Karriere bei der Styria Gruppe, zuletzt als Vorstandschef des Medienkonzerns. "Schon damals hatte ich im Hinterkopf, dass ich etwas Eigenes auf die Beine stellen und von null aufbauen möchte." Im Herbst 2013 war es so weit, es folgte die Trennung vom Styria-Konzern – und Bretschko gönnte sich eine Auszeit. Auf der Suche nach Anregungen verschlug es ihn allein für zwei Monate ins Silicon Valley. Allein, der springende Gedanke für ein Start-up wollte Bretschko auch dort zunächst nicht kommen.

"Für mich war wesentlich, dass ich zwei Monate alleine unterwegs war", sagt er rückblickend. Für ihn wichtig war die viele Zeit zum Nachdenken, die er sehr genossen habe, unter anderem in einem Coworking-Café. "Dort habe ich mir gedacht: Warum nicht so etwas in Wien machen?" Sechs Monate später erfolgte die Firmengründung, ein weiteres halbes Jahr später die Eröffnung. "Dafür habe ich mich dann relativ spontan entschieden", sagt Bretschko. Denn eigentlich habe er etwas anderes gesucht für den Schritt in die Selbstständigkeit.

Ankerplatz für Gründer

"Wir sind ein Ankerplatz für die neue Welt der Arbeit", sagt der ehemalige Manager über sein Unternehmen, das erst in den vergangen zwölf Monaten so richtig in Schwung gekommen sei und steten Zulauf verzeichne. "Da hatten wir uns schon einen Namen gemacht." Seine Hauptzielgruppe sind Ein-Personen-Unternehmen sowie andere Gründer, die das 350 Quadratmeter große Geschäftslokal samt Infrastruktur nutzen, um zu arbeiten, sich zu besprechen und zu vernetzen. "Im Jänner und Juni kommen auch viele Studenten zum Lernen", ergänzt der Cocoquadrat-Gründer und Geschäftsführer.

Das Angebot lautet wie folgt: Man muss keine Tages- oder Monatstickets erwerben, sondern gewisse Stundenkontingente, etwa 40 Stunden für 80 Euro, also zwei Euro pro Stunde, abgerechnet wird minutengenau. Über freie Arbeitsplätze können sich die inzwischen "knapp 3200 registrierten User" per eigene App informieren und bei Bedarf auch reservieren. Zur Verfügung stehen Postfächer, Telefon-Boxen inklusive Skype-Anschluss, Drucker, Scanner und selbstverständlich auch WLAN mit 160 Mbit Datendurchsatz. "Das ist ein Hygienefaktor, ohne den geht es nicht", sagt Bretschko. Im oberen Stockwerk befinden sich zudem drei Konferenzräume für Besprechungen und Meetings.

Dass die Räumlichkeiten gegenüber der Wirtschaftskammer Österreich gelegen sind, ist laut Bretschko "nur ein Zufall, aber ein sehr positiver", denn: "Von der ersten Stunde weg war die Wirtschaftskammer ein guter Kunde" – etwa für Pressekonferenzen, die im Haus Cocoquadradt stattfinden. Auch sonst sieht er die Nähe zur Kammer als "gute Fügung", da es dort regelmäßig Veranstaltungen für Jungunternehmen gebe, was Cocoquadrat bei der Zielgruppe bekanntgemacht habe.

Komfort eines Konzern

Was sich im Vergleich zu seiner Zeit in der Styria-Vorstandsetage geändert hat? "Wenn man Jungunternehmer ist, muss man alles selber machen", sagt Bretschko. Wichtig sind seiner Erfahrung nach, offen und lernfähig zu sein, denn: "Man darf sich nicht zu schade sein, die Dinge selbst anzugreifen." In einem Konzern könne man auf viele Ressourcen wie Buchhaltung oder Marketing- und Rechtsabteilungen zurückgreifen. "Den Komfort eines Konzerns bemerkt man erst im Nachhinein", ergänzt der frühere Manager.

Nein, den Schritt in die Selbstständigkeit bereue er trotzdem nicht, sagt Bretschko. "Ich merke, dass ich langsam und stetig in die neue Tätigkeit hineinwachse – und dass es mir immer mehr Spaß macht." Er vergleicht diese Entwicklung mit einem Marathon und sieht sich selbst derzeit erst bei Kilometer 15. "Ich habe also noch ein Stück vor mir", ergänzt Bretschko.

Als nächsten Meilenstein hat der Firmengründer die Eröffnung eines zweiten Standorts im Visier, der demnächst in Graz – seiner früheren Wirkungsstätte als Styria-Chef – seine Pforten öffnen soll. Ein geeigneter Standort ist laut Bretschko schon gefunden: "Es schaut ganz gut aus." Und was folgt auf lange Sicht in Bretschkos Lebensplanung? "Ich habe mir vorgenommen, in zehn Jahren wieder allein wohin zu fliegen – oder vielleicht auch erst in zwanzig Jahren." (Alexander Hahn, 14.10.2017)