Bild nicht mehr verfügbar.

Raqqa wurde fast völlig zerstört.

Foto: REUTERS/Erik De Castro

Raqqa – Die einstige IS-Hochburg Raqqa steht nach Angaben der syrischen Kurdenmiliz unmittelbar vor der vollständigen Eroberung. Am Sonntag habe die von den USA unterstützte Allianz Syrische Demokratische Kräfte (SDF) den entscheidenden Angriff begonnen, um die letzten IS-Kämpfer aus der Stadt zu vertreiben.

Ein Teil der islamistischen Extremisten habe bereits einem Abzug aus Raqqa zugestimmt. Sie seien in der Nacht in einem Buskonvoi aus der Stadt gebracht worden. Die abgezogenen IS-Kämpfer hätten Zivilisten als menschliche Schutzschilde mit sich genommen, sagte ein Sprecher der Allianz kurdischer und arabischer Milizen der Agentur Reuters. Ausländische IS-Kämpfer hätten sich aber geweigert, dem Rückzugsabkommen zuzustimmen.

Menschliche Schutzschilder

Zunächst blieb unklar, wie viele IS-Kämpfer tatsächlich die Stadt bereits verlassen haben. Vor dem Abzug des Konvois ging die Koalition von 300 bis 400 verbliebenen IS-Extremisten in Raqqa aus. "Der Kampf wird solange geführt, bis die ganze Stadt von Terroristen gesäubert ist, die eine Kapitulation abgelehnt haben", teilten die SDF mit. "Wir rechnen dort immer noch mit schweren Kämpfen", erklärte Colonel Ryan Dillon, Sprecher der US-geführten Anti-IS-Koalition.

Raqqa war die faktische Hauptstadt des vom IS ausgerufenen Kalifats. Nach der Befreiung der irakischen Stadt Mossul gilt die endgültige Vertreibung der Extremisten aus Raqqa als Meilenstein im Kampf gegen die Islamisten.

Ein Vertreter des von den SDF eingesetzten Zivilrats der Stadt sprach am Samstag von rund 400 Zivilisten, die den Konvoi begleiten sollten. Die Jihadisten hätten sich geweigert, die Menschen wie verabredet nach dem Verlassen der Stadt freizulassen, sagte ein SDF-Sprecher. Die IS-Kämpfer sollten in eines der letzten den Extremisten verbliebenen Gebiete im Südosten Syriens gebracht werden. Bereits in der Vergangenheit waren kurz vor der endgültigen Rückeroberung von IS-Gebieten Kämpfer zusammen mit Gruppen von Zivilisten weggebracht worden. Häufig befanden sich darunter Angehörige der IS-Kämpfer.

IS unter Druck

Unterdessen gerät der sogenannte Islamische Staat auch in weiteren der verbliebenen Rückzugsorte stärker unter Druck. So haben syrische Regierungstruppen mit Unterstützung der russischen Luftwaffe Militärangaben zufolge die Extremisten im Osten des Landes weiter zurückgedrängt. Nahe der Grenze zum Irak sei die Stadt Al-Mayadin von IS-Kämpfern zurückerobert worden, hieß es am Wochenende. Die Stadt in der Provinz Deir al-Sor war zuletzt ein wichtiger Stützpunkt des IS.

Zugleich weitete die türkische Armee im Nordwesten Syriens ihren Einsatz aus, wie Rebellen und Augenzeugen am Sonntag berichteten. Mittlerweile seien fast 200 Soldaten dort stationiert, sagte ein Militärberater der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA). Auch würden weitere Beobachterposten in der nordsyrischen Provinz Idlib errichtet. Die Türkei will in Absprache mit dem Iran und Russland dort Deeskalationszonen schaffen. Den Rebellen zufolge nutzt die Türkei den Einsatz aber auch, um die kurdische YPG-Miliz in Schach zu halten.

Die syrische Führung forderte die türkischen Truppen unterdessen zum sofortigen Abzug auf und nannte das Vorrücken in das Rebellengebiet der Provinz Idlib einen Verstoß gegen das Völkerrecht. Die türkischen Soldaten waren am Donnerstag entsandt worden, um in der Region Zusammenstöße zwischen Regierungseinheiten und Rebellen zu verhindern. (APA, 15.10.2017)