In der bienenwabenartigen, vollelektronischen Tiefgarage würden laut Projektplan bis zu 600 Autos Platz finden.

Strohecker

Es soll auch Auflademöglichkeiten für E-Autos geben.

Strohecker

Graz – Die einen greifen sich auf den Kopf und halten das Ganze für eine ausgemachte Schnapsidee. Die anderen kommen aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: Ein von der schwarz-blauen Stadtregierung geplantes Tiefgaragenprojekt in der Grazer Innenstadt erregt seit Wochen die politische Szenerie in der steirischen Landeshauptstadt.

Was unbestritten ist: Dieses Bauvorhaben, das beim Eingang in die Fußgängerzone zwei 40 Meter tiefe runde, bienenwabenartige "Park-Schächte" für bis zu 600 Autos vorsieht, stellt einen folgenschweren architektonischen Eingriff in die Altstadt dar. Altstadtschützer, Grüne, KPÖ und Architekten protestierten am Wochenende erstmals vor Ort gegen das ihrer Meinung nach verkehrstechnisch unsinnige Projekt, das die jahrelangen Intentionen der Verkehrspolitik, den Autoverkehr aus der Innenstadt langsam zu verbannen, völlig konterkariere. Zumal mit zusätzlichen Garagen mehr und mehr Verkehr angezogen werde.

Architekt Guido Strohecker, der das Projekt Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) und seinem Vize Mario Eustacchio (FPÖ) schmackhaft gemacht hatte, ist davon überzeugt, die Kritiker umstimmen zu können: "Mit diesem Garagen-Projekt wird die Grazer City enorm an Lebensqualität gewinnen." Zumindest 180 Parkplätze an der Oberfläche könnten gestrichen werden. Strohecker träumt schon von einer von parkenden Autos weitgehend befreiten Innenstadt und neuen Boulevards, die von Flaneuren und Radlern bevölkert sein werden.

Stadtbudget soll nicht belastet werden

"Außerdem werden wir nachweisen, dass die Garagen keinen neuen Verkehr anziehen werden", sagt Strohecker. Auch werde das städtische Budget nicht belastet, da ein Investor zur Seite stehe – der allerdings erst dann vor die Bühne treten werde, wenn das Projekt tatsächlich umgesetzt werden könne.

In Summe habe er schon zehn dieser "Sub Urban Park Systems" in der Pipeline. Auch außerhalb der Steiermark, in Graz bereits fünf, zum Teil rund um die Innenstadt (Felix-Dahn-Platz, zwei am Eisernen Tor, Andreas-Hofer-Platz sowie im neuen Reininghaus-Stadtviertel).

Was kann also dieses Werkl, das in Graz ein digitales Zeitalter des Parkens einleiten soll? Es geht im Kern um ein vollelektronisches Parksystem auf Basis eines in Deutschland erprobten Liftmodells in der VW-Autostadt Wolfsburg. Dort funktioniert die Parkanlage in einem Hochbau, in Graz soll sie erstmals unter die Erde verlegt werden.

Aufladestationen für E-Cars

In die Parkflächen sollen auch Aufladestationen für E-Autos integriert werden. Die Ein- und Ausfahrten werden auf kleine Liftpavillons reduziert. "Es gibt null Emission", sagt Strohecker, da der Parkvorgang elektronisch verlaufe. "Wir als Stadt können uns die Umsetzung des Projektes gut vorstellen, vor allem weil wir dadurch freie Flächen bekommen", sagt Nagl-Sprecher Thomas Rajakovic.

Aber es gibt auch die Rückseite der Medaille: Dieses Tiefgaragenvorhaben würde nicht nur mehr Verkehr anlocken, sondern auch die Luftsituation in der "Feinstaubhauptstadt" Graz dramatisch verschlechtern, warnte Umweltstadträtin Tina Wirnsberger (Grüne). Außerdem sei völlig unklar, wer tatsächlich hinter dem Projekt stehe – und welche Interessen. Selbst die Verkehrsplaner der Stadt äußerten sich zuletzt kritisch, weil das Projekt dem politischen Ziel, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, entgegenstehe. Was einen schweren Rüffel von Bürgermeister Nagl nach sich zog, der seine Beamten im Gemeinderat für diese Kritik rüde rügte. Die SPÖ verlangt bereits eine Volksbefragung.

Guido Strohecker sieht das Projekt jedenfalls auf Schiene. Noch im Herbst sollen erste Probebohrungen Aufschluss darüber geben, inwieweit auch historische Bausubstanz, wie die alte Stadtmauer, betroffen sein könnte. Im Frühjahr werde das Projekt eingereicht. (Walter Müller, 16.10.2017)