Lissabon/Madrid – In Portugal hat am Dienstag eine dreitägige Staatstrauer für die Opfer der Waldbrände begonnen. Der portugiesische Regierungschef Antonio Luis Santos da Costa bekundete den betroffenen Familien seine Anteilnahme, wie die Zeitung "Diario de Noticias" berichtete. Nach jüngsten offiziellen Angaben starben mindestens 36 Menschen.

Der staatliche Wetterdienst teilte mit, dass sich die Waldbrandgefahr auf der iberischen Halbinsel infolge einer Regenfront und sinkender Temperaturen am Dienstag verringern wird. In der nordwestspanischen Provinz Galicien verloren vier Menschen bei Waldbränden ihr Leben.

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Brandstiftung

Neben der monatelangen extremen Dürre sind vermutlich Brandstiftungen für viele Flächenbrände verantwortlich. In der nordwestspanischen Provinz Galicien gehen die Behörden von 132 Fällen aus. "Das sind keine 132 Brände, das sind 132 Angriffe", sagte eine Sprecherin der Regionalregierung Galiciens im spanischen Radio.

Das portugiesische Fernsehen zeigte bewegende Szenen. "Das ist die Hölle, das ist die Hölle", rief eine Pensionistin. "Ich weiß nicht, wo meine Schwester ist." Viele Menschen klagten, sie seien von den Behörden ihrem Schicksal überlassen worden. "Hier haben wir keinen einzigen Feuerwehrmann gesehen", sagte eine Frau namens Elena in der Ortschaft Vila Nova de Poiares unweit der Uni-Stadt Coimbra dem Sender RTP. "Wir haben das Feuer mit Schlauch und Wasserflaschen bekämpft." Die Behörden riefen die Menschen am Montag dazu auf, selbst gegen die Flammen vorzugehen, da nicht überall auf die Feuerwehrleute gewartet werden könne.

Ein Sprecher der Zivilschutzbehörde wies Kritik an den Behörden zurück: Grund für die Eskalation sei nicht eine falsche Strategie der Brandbekämpfung, sondern die Heftigkeit der Brände und die besonders große Trockenheit in diesem Jahr. Nach Angaben der Behörde sind weit mehr als 5.000 Feuerwehrleute im Einsatz. Südwind fachte die Brände an. Die Einsatzkräfte hoffen auf ein Atlantiktief, das für die kommenden Tage Regen bringen soll.

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Auch in Obidos kämpfen die Menschen gegen die Flammen an.
Foto: AP/Armando Franca

Aktive Brandherde

Besonders betroffen waren die Bezirke Coimbra und Castelo Branco in der Mitte Portugals sowie weiter nördlich der Bezirk Viseu. Ein Sprecher der Zivilschutzbehörde nannte am Abend noch 50 aktive Brandherde, davon 31 besonders heftig wütende Feuer.

Der Bürgermeister von Vila Nova de Poiares im Bezirk Coimbra, Joao Miguel Henriques, schätzte nach einer Meldung der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa, dass in diesem Sommer etwa 70 Prozent der Umgebung verbrannt und einige Dutzend Häuser zerstört wurden.

Schulen geschlossen

Viele Schulen wurden nach Angaben des Bildungsministeriums geschlossen. Zahlreiche Straßen waren nicht mehr passierbar. "Ich habe noch nie einen Brand mit einem so großen Grad der Zerstörung erlebt", sagte der Bürgermeister von Castelo de Paiva, südöstlich von Porto.

Die Flammen erreichten auch Fischerdörfer an der Atlantikküste. In der Kleinstadt Mira im Bezirk Cuimbra brannten zahlreiche Häuser nieder, wie die Zeitung "O Publico" in einem Live-Ticker berichtete. Auch in der Umgebung seien Dörfer betroffen, sagte der Präsident des Stadtrats von Mira, Raul Almeida, laut Lusa. Nur mit freiwilligen Helfern sei es der Feuerwehr in Mira gelungen, ein weiteres Vordringen der Flammen zu stoppen.

Bitte um Löschflugzeuge

Nach einem Hilfsgesuch Portugals konnte die EU-Kommission zunächst nicht helfen. Die Regierung in Lissabon habe am Sonntagabend um Löschflugzeuge gebeten, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Montag. Man sei aber abhängig von dem Gerät, das andere EU-Staaten zur Verfügung stellten. "Sobald ein Angebot verfügbar ist, wird es schnell auf den Weg gebracht", sagte der Sprecher.

Bei Wald- und Buschbränden in der nordwestspanischen Provinz Galicien starben vier Menschen. Etliche Brände sind nach offiziellen Angaben das Werk von Brandstiftern. Trotz der ungelösten Krise um Katalonien fuhr der spanische Regierungschef Mariano Rajoy am Montag nach Galicien, um sich ein Bild zu machen. Anschließend sagte er, es werde alles getan, um die Urheber der Brände festzunehmen. "Was wir hier erleben, ist kein Zufall", sagte Rajoy. "Das wurde bewusst verursacht."

Schlaflose Nächte

Etwa 20 von den Bränden bedrohte Ortschaften wurden evakuiert. Auch ein Studentenwohnheim der Universität Vigo und eine Fabrik des Automobilherstellers PSA Peugeot Citröen wurden geräumt. Insgesamt wurden in der Region bis zu 200 Brandherde registriert, 60 Feuer brachen am Sonntagnachmittag aus. Betroffen war eine Fläche von mehr als 4.000 Hektar – das ist mehr als das Vierfache der Fläche von Berlin.

"Wir haben nicht geschlafen und waren die ganze Nacht alarmiert, haben beobachtet, wie der Wind dreht und wohin das Feuer sich bewegt", sagte eine Bewohnerin in Galicien im Fernsehen. Auch in der nordspanischen Region Asturien flammten Waldbrände auf. Verletzt wurde dort zunächst niemand.

Im Juni waren bei Bränden im Bezirk Leira in der Mitte Portugals mindestens 63 Menschen ums Leben gekommen. Das Zentrum lag bei Pedrogao Grande, etwa 200 Kilometer nordöstlich von Lissabon. Im August brachen in der Mitte Portugals erneut mehr als 150 Waldbrände aus. (APA, 16.10.2017)