Rechtes Nasenloch – linkes Nasenloch: Es ist nicht egal, durch welchen Kanal man ein- und ausatmet.

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Hillary Clinton hat ein Buch über ihre Wahlniederlage geschrieben. Darin überrascht sie unter anderem mit einem Detail: Die Nasenwechselatmung habe ihr ganz besonders geholfen. "Durch ein Nasenloch einatmen, Luft anhalten, durch das andere Nasenloch tief ausatmen und das immer so weiter und weiter", demonstrierte die Ex-Präsidentschaftskandidatin im Nachrichtensender CNN den überraschten Journalisten. Wer dann nachgoogelte, erfährt, wie das im Detail geht: Mit dem rechten Daumen hält man sich das rechte Nasenloch zu, mit Ring- und kleinem Finger der gleichen Hand das linke. Die "Nasenwechselatmung" habe ihr sehr geholfen, mit der Enttäuschung klarzukommen, so Clinton. "Richtiges Atmen hilft enorm, mit diversen Problemen klarzukommen", sagt auch Norbert Faller, Atempädagoge aus Wien. "Man wird gelassener, fühlt sich lebendiger, und es geht einem besser."

Kontrollierte Atemübungen – "Pranayama" – sind eine der wichtigsten Praktiken beim Yoga. Pranayama soll die Lebenskraft und damit Körper und Geist stärken. Sie verbessert zudem den freien Fluss der Energie und beseitigt allfällige Blockaden. "Pranayama kann nachweislich Stress reduzieren und die Stimmung heben", sagt Holger Cramer, Yoga-Forscher an der Universität Duisburg-Essen. "Frau Clinton hat die Methode offenbar geholfen."

Uraltes Wissen

Die verschiedenen Atemtechniken verursachen im Körper unterschiedliche Effekte, wie Forscher von der Universität Bangalore in Indien gezeigt haben. So kann man mit wiederholtem langsamem Pranayama den Blutdruck senken, während das kräftige Ausatmen "Kapalabhati" mit kraftvollem Einziehen der Bauchdecke nach innen den Blutdruck erhöht.

Atmet man wie beim "Surya Nadi / Pingala Svara" nur durch das rechte Nasenloch ein und aus, soll das den Sympathikus des Nervensystems aktivieren: Blutdruck und Herzfrequenz steigen, und man fühlt sich fitter. Zieht man die Luft hingegen wie beim "Chandra Nadi / Ida Svara" nur durch das linke Loch ein, aktiviert das den Parasympathikus: Blutdruck und Herzfrequenz sinken, das hat eine überaus beruhigende Wirkung.

Forscher erklären diese Effekte mit dem Nasenzyklus, bei dem die Nasenlöcher periodisch an- und abschwellen und jeweils mehr oder weniger durchlässig sind. Dominiert das rechte Nasenloch, aktiviert das die linke Hirnhälfte und damit den Sympathikus. Dominiert das linke, steigt die Aktivität des Parasympathikus. Funktioniert dieser Nasenzyklus nicht richtig, kann das zu Krankheiten führen.

In Lunge und Hirn

Das abwechselnde Atmen "Nadi Sodhana Pranayama", das Hillary Clinton praktiziert, soll einen ausgleichenden Effekt auf die rechte und die linke Gehirnhälfte haben. "Es kommt vor allem zu einer parasympathischen Aktivierung", erklärt Cramer. So lassen sich damit Bluthochdruck und Herzfrequenz senken, zudem bessert sich auch die Lungenfunktion. Außerdem kommt es bei den Wechselnasenatmern zu Veränderungen der Hirnströme, die für Beruhigung sorgen. Doch allzu sehr darf man auf die positiven Effekte nicht hoffen: Denn in manchen Studien führte das Wechselatmen zu mehr sympathischer Aktivität mit einem Ansteigen der Herzfrequenz.

Atempädagoge Faller arbeitet mit "ganzheitlichem Atemerleben". "Man lässt das individuelle Atmen zu und nimmt es gleichzeitig bewusst wahr", erklärt er. Mithilfe von Berührungen, Bewegungen oder mit der Stimme hilft Faller Patienten, die Atmung aus fixierten Mustern zu lösen, sie anzuregen oder zu beruhigen. In einer Studie mit Lehrern senkte diese Atemweise das Risiko für Burnout und linderte Angstsymptome bei Kindern mit Asthma.

"Es hilft schon, dass man sich auf die Atmung konzentriert", sagt Gregor Hasler, Chefpsychiater an der Universität Bern. "Es verhindert Grübeln, Gedankenkreisen und kann Ängste lindern." Um mit Enttäuschungen klarzukommen, seien Atemtechniken jedoch nur eine von vielen Möglichkeit.

Eine wichtige Rolle spielt auch die soziale Unterstützung. "Soziale Kontakte sind auch der wichtigste Faktor, damit man durch belastende Ereignisse nicht dauerhaft psychisch krank wird." (Felicitas Witte, 17.10.2017)

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