Laurent Fabius engagiert sich seit seinem Abgang aus Außenminister für den Umweltschutz.

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Laurent Fabius gehört zu der Riege der Elder Statesmen, deren Wort in Frankreich auch nach ihrem Ausscheiden aus der Tagespolitik noch Gehör findet. Nach Stationen als Premierminister, Parlamentspräsident und – zuletzt bis 2016 – Außenminister bekleidet der 71-jährige Sozialist heute das Amt des Präsidenten des Verfassungsgerichtes. Daneben versucht er seine diplomatische Erfahrung für den Umweltschutz in die Waagschale zu werfen. So tingelt er dieser Tage durch die Hauptstädte Europas, um für ein internationales Umweltschutzabkommen zu werben, den "Global Pact for the Environment", der an die Ergebnisse der von Fabius organisierten Pariser Klimakonferenz 2015 anschließen soll. Dort sollen erstmals weltweit einheitliche Umweltnormen festgeschrieben werden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will den Pakt bis 2020 fixieren. DER STANDARD hat sich mit Laurent Fabius in den opulenten Räumlichkeiten der französischen Botschaft am Wiener Schwarzenbergplatz getroffen.

STANDARD: Wie kommt es, dass überall vom Klimawandel und Umweltschutz die Rede ist, diese Probleme aber bei Wahlen – jüngst in Österreich – im Gegensatz etwa zur Migration kaum Thema sind?

Fabius: Ich denke, dass der Klimawandel in Ländern wie Österreich kein strittiger Faktor ist, es herrscht doch weitgehend Konsens, dass man dagegen kämpfen muss. Beim Thema Migration gehen die Meinungen doch wesentlich weiter auseinander. Man muss aber bedenken, dass diese beiden Themen stark zusammenhängen. Wenn die Temperaturen weiter steigen, es zu Dürren oder Überflutungen kommt, werden Millionen von Menschen nach Europa drängen. Spätestens dann wird der Klimawandel auch bei Wahlen ein großes Thema sein.

STANDARD: Ihre Karriere als französischer Außenminister war zuletzt stark von zwei Konferenzen geprägt, einerseits den Atomverhandlungen mit dem Iran, andererseits der Klimakonferenz in Paris. Nun droht US-Präsident Donald Trump diese beiden Abkommen platzen zu lassen. Wie denken Sie jetzt, wo Sie nicht mehr aktiver Politiker sind, darüber?

Fabius: Es hat mich nicht überrascht, auch wenn ich damit natürlich überhaupt nicht einverstanden bin. Trump hat dies schon während seines Wahlkampfes des Öfteren angekündigt. Er hatte damals drei wesentliche Themen, die allesamt gegen die Politik von Barack Obama gerichtet waren. Mit der Zerstörung der Obamacare-Krankenversicherung ist er vorerst gescheitert, jetzt muss er eben die beiden anderen Punkte abarbeiten.

STANDARD: Wie geht es Ihnen damit?

Fabius: Es ist natürlich schwer zu verstehen, dass der US-Präsident die Gefahr des Klimawandels so einfach ignoriert. Aber andererseits gab es auch innerhalb der USA starken Widerstand gegen Trumps Klimapolitik, etwa in Kalifornien und New York. Und unlängst habe ich von einer Umfrage gelesen, die zeigt, dass ein großer Teil der US-Amerikaner für das Pariser Abkommen ist. Und auch was den Iran-Deal betrifft, glaube ich, dass ein Rückzug der USA ein großer Fehler ist, weil das Abkommen die Gefahr, dass der Iran Atomwaffen erlangt, viel geringer gemacht hat. Niemand weiß, was passiert, wenn der Iran-Deal platzt.

STANDARD: Es scheint schon jetzt bisweilen unmöglich, innerhalb der vergleichsweise homogenen EU-Staaten Konsens herzustellen. Wie wollen Sie die Staaten weltweit für Ihren neuen Umweltpakt gewinnen?

Fabius: Die Idee dieses Pakts baut ja auf dem auf, was bei der Klimakonferenz von Rio de Janeiro 1992 erreicht wurde. Damals gab es ja schon einen Konsens über die Prinzipien des Umwelt- und Klimaschutzes, dies sollte nun nicht mehr ein so großes Problem sein. Der Pakt ist gut für die Bevölkerung, für die Staaten und die Unternehmen, weil dort erstmals verbindliche und einheitliche Umweltschutzgesetze festgeschrieben werden sollen. In der Uno gibt es bisher zwei solcher Pakte, einen über Bürgerrechte, einen über wirtschaftliche und kulturelle Rechte. Beide wurden 1966 geschlossen. Unser Pakt soll nun der dritte werden.

STANDARD: Wie wollen Sie die USA dazu bringen, Ihrem "Globalen Pakt für die Umwelt" beizutreten?

Fabius: Es ist noch zu früh, darüber Prognosen anzustellen. Fest steht aber, dass wir diplomatische Gespräche bei der Uno in New York sowie der Unep (dem Uno-Umweltprogramm, Anm.) in Nairobi führen werden. Grundsätzlich sind die USA derzeit sehr zögerlich, internationale Abkommen zu unterzeichnen. Wir werden sie aber daran erinnern, dass ein großer Teil des neuen Pakts aus Gesetzen besteht, auf die wir uns bereits vor 21 Jahren in Rio geeinigt haben.

STANDARD: Frankreich gehört zu Europas führenden Exporteuren von Atomstrom. Warum gibt es nun den Vorreiter in Sachen Klima- und Umweltschutz?

Fabius: Dass wir so stark auf Atomkraft setzen, war die Entscheidung einiger großer Staatsmänner des vergangenen Jahrhunderts, etwa Charles de Gaulle. Was den Klimawandel betrifft, wird dieser ja vor allem von Treibhausgasen angeheizt, was bei Atomkraftwerken nicht der Fall ist. In letzter Zeit hat Frankreich aber viel in erneuerbare Energie investiert, denn wenn wir weiter Energie aus fossilen Brennstoffen gewinnen so wie bisher, werden die Konsequenzen katastrophal sein. Nicht nur Frankreich und Österreich sind daher gefordert, auf einen Energiemix zu setzen. (Florian Niederndorfer, 16.10.2017)