Kanzlerin Angela Merkel will in der politischen Mitte bleiben, die CSU hingegen drängt nach dem Wahlsieg von Sebastian Kurz nach rechts.

Foto: AFP / Tobias Schwarz

Am Montag, dem Tag nach der Nationalratswahl und der niedersächsischen Landtagswahl, kann die deutsche Kanzlerin gleich zweimal gratulieren. Die Glückwünsche an die eigene Partei fallen allerdings etwas knapp aus. Schließlich hat die CDU in Niedersachsen mit Spitzenkandidat Bernd Althusmann ihr Ziel verfehlt, stärkste Kraft zu werden. Das ist – zum ersten Mal seit 19 Jahren – den Sozialdemokraten gelungen. Allerdings wurde die rot-grüne Regierungskoalition knapp abgewählt, was die CDU als eine Art Wahlerfolg verbucht.

Doch es gibt ja noch einen Sieger bei den Konservativen, nämlich Sebastian Kurz. Sie habe ihm schon am Sonntagabend gratuliert, erklärt Merkel. "Das Ergebnis hat erfreulicherweise die ÖVP an die Spitze geführt", lobt sie zunächst und erklärt auch, dass Kurz einiges gemacht habe, was auch für die CDU von Interesse sei: "Er hat energisch die Erneuerung der Partei betrieben", sagt Merkel und erwähnt zudem wohlwollend seine "moderne Kampagne".

Weiter südlich, in München, ist man deutlich stärker vom Wahlsieg angetan und erklärt diesen nicht mit Kampagnen und Quereinsteigerlisten, sondern mit der inhaltlichen Profilierung – vor allem in der Flüchtlingspolitik. Das zeige, dass Wahlen rechts der Mitte gewonnen werden können, erklärt der neue CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt. "Das ist ein Auftrag, auch gerade für die beiden Unionsparteien in Deutschland, das politische Spektrum von der Mitte bis zur demokratischen Rechten abzubilden."

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wertet die konservative Machtverschiebung in Österreich als Signal für die zukünftige Politik in Europa: "Wir brauchen einen Kanzler Sebastian Kurz als Verbündeten Bayerns und Deutschlands", so Scheuer. Kurz war mehrmals bei der CSU zu Gast, Merkels Asylpolitik hingegen hatte er scharf kritisiert. Auch Paul Ziemiak, der Chef der Jungen Union (JU), lobt den Kurs von Kurz: "Die Menschen in Österreich wollten frischen Wind, neue Köpfe und Klartext."

"Nicht nachahmenswert"

Merkel allerdings stellt am Montag klar, dass Österreich kein Vorbild sei: "Die Situation in Österreich ist nicht so, dass ich sie als nachahmenswert empfinde", sagt sie mit Blick auf das FPÖ-Ergebnis. Ihr Generalsekretär Peter Tauber findet das Resultat der ÖVP "toll", schränkt aber ein: "Man kann es nicht mit Deutschland vergleichen. Die CDU muss von der Mitte aus möglichst viele Menschen ansprechen."

Nachdem die Landtagswahl in Niedersachsen nun erledigt ist, wollen sich Union, FDP und Grüne auf die Sondierungen für eine Jamaika-Koalition konzentrieren. Die Gespräche beginnen am Mittwoch. Zunächst treffen sich CDU/CSU mit den Grünen und der FDP, am Donnerstag werden sich die beiden kleinen Parteien beraten, am Freitag folgt eine große Runde mit allen.

Merkel sieht die Union durch die Bundestagswahl und die Wahl in Niedersachsen nicht geschwächt, sagt aber: "Uns ist klar, dass es keine einfachen Gespräche werden. Aber wir nehmen die Herausforderung an." Sie rechnet "aufgrund der außergewöhnlichen politischen Konstellation" mit Sondierungsgesprächen von mehreren Wochen. Erst wenn diese erfolgreich sind, würden Koalitionsverhandlungen beginnen. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer sagt hingegen, auch wenn es zu fruchtbaren Koalitionsgesprächen komme, könnte es dennoch sein, dass die neue Regierung erst im Jänner stehe.

Auch in Niedersachsen steht eine schwierige Regierungsbildung bevor. Zwar legte die SPD am Sonntag zu und bescherte SPD-Bundeschef Martin Schulz endlich wieder einmal einen erfreulichen Wahlabend. Aber Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kann nicht mehr mit den Grünen weiterregieren, einer Ampel aus SPD, Grünen und FDP verweigern sich die Liberalen. Es bleibt nur die unbeliebte große Koalition. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.10.2017)