Wien Energie forciert den Bau von Ladestationen in der Stadt.

Foto: Friesenbichler

Wien – Wien Energie will bei Ökostrom Gas geben, um die eingegangenen Verpflichtungen auf Punkt und Beistrich erfüllen zu können. Eine der neuen Herausforderungen heißt E-Mobilität. Erst vor kurzem hat der mit rund zwei Millionen Kunden größte Energieversorger Österreichs eine Ausschreibung zur Errichtung 500 neuer Ladesäulen in der Bundeshauptstadt gewonnen, die zu 100 Prozent mit zertifiziertem Grünstrom betrieben werden sollen.

"Das geht sich aus", sagt Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl dem STANDARD. In den vergangenen Jahren habe die Stromproduktion aus Wasser, Wind und Sonne bei Wien Energie konstant zwischen 20 und 25 Prozent der Eigenerzeugung ausgemacht. Die Zielmarke bis 2030 liege bei 35 Prozent.

Für die 500 Ladesäulen mit je zwei Ladepunkten, die in Absprache mit der Stadt Wien bis Ende 2020 entlang ausgewählter Straßenzüge realisiert werden sollen, werde in der Spitze ein Zusatzbedarf von elf Megawatt (MW) fällig. Das entspreche der Leistung eines kleinen- bis mittelgroßen Wasserkraftwerks, wenn an allen Ladepunkten gleichzeitig Strom gezogen wird. Strebl: "Aus heutiger Sicht ist es kein Problem, das aus Eigenerzeugung zu decken."

Neue Projekte

Bei Aigen im Ennstal hat Wien Energie kürzlich den Spatenstich zur Errichtung eines Wasserkraftwerks an der Gulling mit einer angestrebten Leistung von 20 MW gesetzt; in Oberwaltersdorf in Niederösterreich geht ein Windpark mit einer Gesamtleistung von knapp 20 MW in Betrieb, der gemeinsam mit der EVN errichtet wurde und Strom für 12.000 Haushalte liefern soll. Darüber hinaus befinden sich noch einige Projekte in der Pipeline.

Neue Wege beschreitet Wien Energie auch bei der Finanzierung der Ladeinfrastruktur. "Wir versuchen die Bürger einzubinden und sind dabei auf großes Interesse gestoßen", sagt Strebl. Jeder Interessent konnte sich mit 250 Euro beteiligen und erhielt als Kunde von Wien Energie im Gegenzug Gutscheine im Wert von 325 Euro, als Nichtkunde von Wien Energie etwas weniger (265 Euro über fünf Jahre).

Beteiligungsmodell

Die erste Tranche, mit der 125.000 Euro eingespielt wurden, sei innerhalb von vier Tagen ausverkauft gewesen, die zweite Tranche, die am Donnerstag voriger Woche aufgelegt wurde und wie die erste aus 2.500 Einzelpaketen besteht, sei zu Wochenbeginn schon zu zwei Dritteln gezeichnet gewesen. Ob es eine dritte Tranche geben wird, sei "noch nicht fix, aber möglich", sagt Strebl. Er sieht in dem Beteiligungsmodell auch "ein Kundenbindungsinstrument".

Schon bisher habe man gute Erfahrungen mit Bürgerbeteiligungen in den Bereichen Solar- und Windenergie gemacht. Rund 10.000 Investoren haben sich nach Angaben von Strebl an bisher 26 Solar- und vier Windkraftprojekten von Wien Energie finanziell beteiligt.

Die Gutscheine, die es als Rückvergütung des eingesetzten Kapitals zum Ausbau der Ladeinfrastruktur gibt, können bei Wien Energie, den Wiener Linien und bei Spar eingelöst werden. Die Gesamtkosten für die 1.000 neuen Ladepunkte bis 2020 belaufen sich auf etwa 15 Millionen Euro – Betriebskosten inklusive. Das sind rund 30.000 Euro je Station.

Warten auf Genehmigung

Die Ladesäule sei noch das Billigste, sie koste zwischen 5.000 und 6.000 Euro, sagt Strebl. Schwerer ins Gewicht fallen die Netzinfrastruktur und das Innenleben, die Elektronik.

Der Roll-out-Plan sieht vor, dass bis Mitte 2018 in jedem Wiener Bezirk mindestens fünf Ladesäulen errichtet werden. Nach Vorliegen der verkehrsrechtlichen Genehmigungen für die schon in der Ausschreibung spezifizierten Standorte will man zügig an die Umsetzung gehen.

Pro Ladesäule werden zwei Parkplätze für Elektroautos reserviert, die untertags maximal drei Stunden stehen und laden dürfen. In dieser Zeit könne selbst eine fast leere Batterie an einer 11-kW-Säule vollgeladen werden. "Wir haben uns viele Beispiele angesehen, von Oslo bis Amsterdam", sagt Strebl. Bei der Abrechnung habe man sich dann für eine Kombination aus Zeit- und Leistungskomponente entschieden, wie in Amsterdam. Eine Vollladung, die im Schnitt für 150 bis 200 Kilometer reichen soll, koste zwischen vier und sechs Euro. Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer von 20 Prozent.

Mit ein und derselben Karte könne auch außerhalb von Wien geladen werden, an mittlerweile mehr als 2.000 Stationen anderer Energieversorger von Vorarlberg bis Kärnten. Für das Hochleistungsladenetz von Smatrics, des Gemeinschaftsunternehmens von Verbund, OMV und Siemens, braucht es hingegen eine eigene Karte. (Günther Strobl, 17.10.2017)