Christoph Strasser ...

Foto: APA/AP/Schneider

... verbesserte den Weltrekord um 38 Kilometer.

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Der Weltrekordversuch – auszugsweise! – im Video.

christophstrasser

STANDARD: Sie sind 24 Stunden auf dem Rad gesessen und haben 3.767 Runden absolviert. Wurde Ihnen dabei nie langweilig?

Strasser: Doch, nach zehn Minuten. Das Ganze ist an Monotonie nicht zu überbieten. Auf die Langeweile ist man aber vorbereitet. Man steigt nicht mit der Vorstellung auf den Sattel, dass das jetzt superspannend wird.

STANDARD: Wie vertreibt man sich also die Zeit, während man sozusagen von Wien nach Amsterdam radelt?

Strasser: Man redet über Funk mit den Betreuern oder hört Musik. Mitunter schweifen die Gedanken ab, eine gefährliche Sache.

STANDARD: Verfahren kann man sich ja eigentlich nicht.

Strasser: Aber man kann in der Kurve zu weit nach unten geraten und stürzen. Oder man fährt zu weit oben und verliert Meter. Man muss sich immer auf die Kurventechnik konzentrieren.

STANDARD: Setzt Ihnen der Körper keine Grenzen? Oder anders gefragt: Schmerzt der Hintern sehr?

Strasser: Ich dachte eigentlich, alle möglichen Varianten von schmerzenden Hintern zu kennen. Das war ein Irrtum. Auf der Bahn wird der Körper ganz anders belastet als auf der Straße.

STANDARD: Inwiefern?

Strasser: Eine Runde dauert 22 Sekunden, acht davon fährt man auf den Geraden, die restliche Zeit in den Kurven. Die linke Körperhälfte schmerzt jetzt mehr als die rechte. Aber in ein paar Tagen ist alles wieder in Ordnung. Man kennt das, eine Gewohnheitssache.

STANDARD: Verlief der Angriff auf den Weltrekord also gemäß Ihren Erwartungen?

Strasser: Nein, ich hatte meine längste Trainingseinheit im Vorfeld auf sechs Stunden angelegt. Nach sieben Stunden war mir klar, dass man die Erkenntnisse nicht hochrechnen kann. Durch die gekrümmte Sitzposition und die Fliehkraft entstand ein unglaublicher Druck auf den Magen-Darm-Trakt. Die Nahrungsaufnahme wurde dadurch erschwert, ich konnte weniger Kalorien zu mir nehmen als geplant.

STANDARD: War das Erreichen Ihrer Ziele dadurch gefährdet?

Strasser: Ich wollte 960 Kilometer fahren, also eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern erreichen. Das war meine magische Zahl, das habe ich mir auch zugetraut. Es hat sich als unrealistisch herausgestellt.

STANDARD: Knapp 942 Kilometer und ein Schnitt über 39 km/h sind aber auch ganz okay.

Strasser: Ich bin mit dem Erreichten sehr zufrieden. Die 24 Stunden auf der Bahn waren für mich die bisher schwierigste Herausforderung. Das wollte ich unbedingt einmal ausprobieren.

STANDARD: Woher der Reiz?

Strasser: Es gibt kein wechselndes Wetter, keinen Straßenbelag, keine sich ändernden Lichtverhältnisse. Äußere Einflüsse sind ausgeblendet, das ist Sport unter Laborbedingungen.

STANDARD: Auch das Ferry-Dusika-Stadion wurde für den Weltrekord in Betracht gezogen. Warum ist daraus nichts geworden?

Strasser: Es gibt in Österreich viele Behördenwege und Magistratsabteilungen. Es ist nicht einfach, an die richtigen Leuten zu geraten. Wir haben versucht, alles in Bewegung zu setzen, aber unsere Idee hat in Wien niemanden begeistert, das war jedem ziemlich egal.

STANDARD: Sind Sie enttäuscht?

Strasser: Das wäre eine tolle Veranstaltung geworden. Es wären sicher viele Zuschauer gekommen. Rein sportlich betrachtet ist die Bahn in Grenchen aber schneller. Und in der Schweiz hat man sich gefreut, wie ich gekommen bin. (Philip Bauer, 16.10.2017)