Screenshot: YouTube
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Wien – Soul-Music-Fans verfielen weltweit in Trauer, als Charles Bradley am 23. September im Alter von 68 Jahren starb. Spät hatte die ungewöhnliche Weltkarriere des Sängers aus New York begonnen, nur wenige Jahre sollte sie dauern, doch intensiv hat sie gewirkt. Bradley starb an Leberkrebs. Dreimal gastierte der Schmerzensmann in Wien, zuletzt 2014 mit der Daptone Super Soul Revue in der Staatsoper.

Ein Video erinnert an den verstorbenen Soulsänger Charles Bradley, hier bei seinem zweiten Wien-Auftritt 2012 im Wuk.
Foto: Christian Fischer

Damals entstand ein Video, das Bradley bei seinem Wien-Besuch zeigt. Er hatte beim Kartenspielen auf dem Weg nach Wien eine Wette verloren. Die würde er einlösen.

Eine Erinnerung in Wort und Bild

Der deutsche Vertrieb seiner Plattenfirma hat dazu die Geschichte der Entstehung übersetzt und sie mit dem Video versandt. "Remembering Charles Bradley" stammt von Jeff Broadway, der die Tour dokumentierte. Hier ist sie:

"Es war Ende Juni 2014, als Cory und ich in London die Daptone Super Soul Revue trafen. Wir waren gerade erst Neal Sugarman in New York begegnet und kannten fast niemanden auf der Tour. Nach unserer Ankunft wurde uns gesagt, dass wir die nächsten zehn Tage mit Charles Bradley & His Extraordinaires in einem Bus fahren würden. Ein paar der Jungs waren verständlicherweise etwas skeptisch. Wir waren ja nur ein paar Fremde mit Kameras. Aber Charles war überhaupt nicht skeptisch. Er nahm uns gleich freundlich auf.

Episches Kartenspiel

Es waren ein paar lange Fahrten, die wir zusammen unternahmen. Die längste war die zwischen Paris und Wien – zwölf Stunden durch Frankreich, Deutschland und schließlich Österreich. Auf dieser Fahrt spielten Cory und ich mit Charles und dem Saxofonisten Freddy DeBoe das epischste Kartenduell aller Zeiten.

Charles und Freddy schlugen uns mühelos, und Charles wollte eine Revanche-Runde. Aber diesmal mit erhöhtem Einsatz. Er wollte Cory vom Rauchen abbringen und sagte deswegen: 'Wenn wir gewinnen, dann rauchst du auf dieser Tour nicht mehr. Und Jeff – du rauchst zwar keine Zigaretten, aber dafür musst du auf Gras verzichten, wenn wir gewinnen.' Die Wette nahmen wir an, hatten aber auch eine Bedingung: Wenn wir gewannen, musste Charles an einem Ort unserer Wahl a cappella einen Song singen. Es ging also um viel.

Bradley war nervös

Zum Glück verloren Charles und Freddy diese Marathonrunde, und so gingen wir am 1. Juli 2014 mit Charles zum Stephansdom in Wien. Gemeinsam schritten wir die Kirche ab. Charles bestaunte die Schönheit der altehrwürdigen Kathedrale. Wo auch immer auf der Welt er war, in einem Haus Gottes fühlte er sich stets wohl.

Dann gingen wir wieder auf den Domplatz. Charles war etwas nervös. Wir wollten es ihm leicht machen und sagten, wenn er für den Auftritt am gleichen Abend seine Stimme schonen müsse, verständen wir das natürlich. Aber darauf hatte er keine Lust. Er hatte eine Wette verloren – und jetzt wollte er sie auch einlösen. Also bauten wir unsere Kameras auf und gaben ihm ein Zeichen.

Charles Bradley im Wiener Stephansdom. Gleich passiert es.
DaptoneRecords

'I'm a victim of loving you', sang er. Die Leute blieben wie erstarrt stehen und drehten sich um. 'I'm a victim of wanting you', machte er weiter. Eine Schar bildete sich. Man muss seine Stimme noch eine Meile entfernt gehört haben. Er schloss seinen Auftritt wie immer mit seinem beseelten Schrei ab. Applaus erfüllte den Domplatz. Wir umarmten Charles und bedankten uns. Dann tranken wir mit ihm ein Glas Weißwein und gingen wieder in unser Hotel." Jeff Broadway. (Karl Fluch, 17.10.2017)